Bienengift – Gefürchtet, Gemieden und Geheilt?!?

Selbstlos wehrt eine Biene ihre Feinde ab: Sie sticht zu und injiziert ihnen ihr Gift – welches im Fachjargon auch Apitoxin oder Bee-Venom genannt wird. War der Feind ein Mensch oder ein Säugetier mit elastischer Haut, dann bleibt der Stachel dank seiner feinen Widerhaken mitsamt dem Stechapparat in der Haut stecken. Die Biene selbst wird in Folge ihrer Verletzung nach 1-3 Tagen versterben. Wenn sich eine Biene jedoch gegen andere Insekten verteidigt, kann sie ihren Stachel mehrmals verwenden. In diesem Fall brechen die feinen Widerhaken des Bienenstachels beim Durchdringen des harten Chitinpanzers des Gegners ab und die Imme wird Ihren Stachel behalten. Entstehung und Gewinnung Seinen Ursprung findet das Bienengift in den Giftdrüsen des Stachelapparats jeder Arbeitsbiene. Ab dem dritten Lebenstag beginnen diese Drüsen das Gift zu produzieren und bei 2-3-wöchigen Bienen ist dann die maximale Produktionsrate erreicht. Eine Arbeitsbiene verfügt in Ihrer Giftblase im Durchschnitt über 0.1 mg Bienengift (bezogen auf die Trockensubstanz), welches sie stets zum Einsatz bereit hält. Soll der wertvolle Wirkstoff Apitoxin nun gewonnen werden, so funktioniert dies - vereinfacht dargestellt - folgendermaßen: Die Bienen stechen hierbei auf einer Vorrichtung durch feine Folie / Tuch und sondern einen Teil Ihres Giftes auf eine darunter befindliche Glasplatte ab. Auf diese Art und Weise wird Bienengift seitens des Menschen zu therapeutischen, medizinischen oder kosmetischen Zwecken „geerntet“, ohne dass die Bienen selbst dabei zu Schaden kommen!

Zusammensetzung des Bienengiftes

Das frisch ausgeschiedene Bienengift ist eine Sirup-ähnliche, gelblich opaleszierende Flüssigkeit. Sein Geschmack ist bitter, der Geruch leicht süßlich und der pH-Wert sauer (zwischen 4,5 und 5.5). Der Wassergehalt von Bienengift variiert zwischen 55 und 70 %. Das Bienengift ist ein äußerst komplexes Gemisch, das zum größten Teil (80%) aus Eiweißen besteht. Die Eiweiße sind entweder groß- (Proteine) oder klein-molekular (Peptide). Die wichtigsten kleinmolekularen Verbindungen sind die biogenen Amine und die Alarmpheromone.

Wirkungsweise

Es gibt kein anderes Bienenprodukt mit so vielfältigen biologischen Wirkungen. Zudem ist es das Bienengift, das in der biologischen und medizinischen Forschung weitaus am intensivsten erforscht ist. Weltweit genießt es selbst bei der Schulmedizin die meiste Anerkennung. Bienengift oder seine Komponenten werden in der Apitherapie (Heilkunde mit Bienenprodukten), in der Allergologie und auch in der experimentellen Biologie verwendet. Die biologischen Wirkungen des Bienengifts sind vielfältig und zum Teil gegensätzlich. Doch erst die Komplexität seiner Gesamtkomposition macht das Bienengift so effektiv und wirkungsvoll. Ganz gleich, ob bei der Abwehr von Feinden oder in der therapeutischen Anwendung im Sinne der Apitherapie. Wenn Hegel bereits konstatierte: „Honig ist mehr als die Summe seiner Teile“, so darf diese Einschätzung erst recht bei der Betrachtung des Giftes der Bienen zugrunde gelegt werden. Der „giftige Cocktail“ besteht aus mindestens 18 verschiedenen, pharmakologisch wirksamen Bestandteilen, von denen bis zum heutigen Tage nicht alle wissenschaftlich endgültig erforscht sind. Das Gift der gemeinen Honigbiene, Apis mellifera, ist somit ein aufwendiges Potpourri aus wirksamen Substanzen, die nur in ihrer Gesamtheit die volle Wirkung zur Entfaltung bringen. Erst die perfekte Zusammensetzung aller Einzelbestandteile erhöht die therapeutische Bandbreite.

Nachfolgende Tabelle bietet einen kleinen Einblick über die Vielzahl der biologischen und pharmakologischen Wirkungsweisen echten Bienengiftes:

Historie und Verwendung in der Medizin

Die Anwendung von Bienengift zu therapeutischen Zwecken reicht bis in die Antike zurück. In China wie auch in Japan und Korea hat die Bienengifttherapie eine über 3000 Jahre währende Tradition. Schon Karl der Große und Iwan der Schreckliche wurden den antiken Quellen nach durch Bienenstiche von der Gicht befreit. Die Römer verwendeten Bienenstiche als potentes Schmerzmittel bei rheumatischen und arthritischen Beschwerden und auch im antiken Griechenland war es als Heilmittel für Gelenkerkrankungen bekannt. Die Bienengifttherapie ist bis heute ein fester therapeutischer Bestandteil in China, Japan, Korea, Taiwan, Russland und in Osteuropa, besonders in den ehemaligen Ostblockstaaten wie Bulgarien, Rumänien, Tschechien, Ungarn und Polen. Einsatzgebiete von Bienengift in der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) reichen von Arthritis über Multiple Sklerose bis hin zur begleitenden Anwendung bei Tumorerkrankungen. In den westlichen Industrieländern geriet der Wissensschatz der Apitherapie (aufgrund erfolgreicher Pharma-Lobby seit Beginn des 20-sten Jahrhunderts) nahezu in Vergessenheit und erfreut sich erst in jüngster Zeit – dank seiner großen Erfolge – wieder enormem Zulauf.

Einsatz & Anwendungsform

Wie bei allen Giften aus der Natur ist die sichere Anwendungsweise jedoch stets und nicht zuletzt eine Frage der perfekt gewählten Dosis. Denken Sie vergleichsweise an die giftige Tollkirsche – im Lateinischen „Belladonna“ genannt: Pur in Reinform verzehrt (sprich in hoher Dosis) kann Sie in kürzester Zeit zum Tode führen. Wird sie jedoch in niedriger Dosierung eingesetzt, so schreibt ihr beispielsweise die Lehre der Homöopathie eine gesundheitsfördernde Wirkung bei einfachen Erkältungskrankheiten über Bronchialbeschwerden bis hin zu Gelenkentzündungen uvm. zu. Ähnliches gilt für viele weitere Gifte aus der Natur wie beispielsweise dem der Herbstzeitlose (Colchizin), des Stechapfels (Datura Stramonium) oder dem Schlangengift (Lachesis). Die sicherste Anwendungsmöglichkeit für Bienengift ist zweifellos das äußerliche Auftragen in Form von Salben, Cremes oder Gel, da hier die unangenehmen und ggf. gefährlichen, sowie schmerzhaften Nebenwirkungen des „klassischen Bienenstiches“ bei der Injektion in die Haut, entfallen. Auf diese Art und Weise angewandtes Bienengift kann aufgrund seiner feinstofflichen Beschaffenheit als effektiver Wirkstoff auch die Barrieren unserer menschlichen Hautschichten durchdringen. Dank seiner entzündungshemmenden Wirkung, insbesondere auch in der Tiefe des Gewebes, einschließlich von Knochen und Gelenken, kann Apitoxin nun unser Immunsystem bei der Bekämpfung chronisch entzündlicher Prozesse unterstützen. Auch wenn die niedrige Dosierung in der Regel eine völlig komplikationslose Anwendungsmöglichkeit darstellt, sollten Personen mit bekannter Allergie gegen Bienengift dennoch zuvor unbedingt Ihren Arzt konsultieren oder Rücksprache mit Ihrem behandelnden Heilpraktiker halten.

Wissenswertes

Oft wird fälschlicherweise angenommen, dass Cremes oder Salben mit Bienengift Rötungen und Hitzebildung auf der Haut verursachen würden. Dem ist jedoch keinesfalls so! Echtes, natürliches Bienengift hat weder einen wärmenden, noch einen kühlenden Effekt auf die Haut, solange es nicht in Form eines Stiches unter die Haut ins Gewebe injiziert wird. Folglich sind meist chemische Zusätze oder Capsaicin (Chiliextrakt) für die künstliche Wärmebildung solcher Produkte verantwortlich, nicht aber das Bienengift an sich.

Jana Stecher & Daniel Stecher Geschäftsführender Gesellschafter der Traditionsimkerei Schloßwald-Bienengut® 74420 Oberrot www.Schlosswald-Bienengut.de