Das Knie: Unser größtes und empfindlichstes Gelenk

Seit dem 1. April diesen Jahres werden Kniegelenkspiegelungen bei gesetzlich Versicherten nur noch in Ausnahmefällen von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Lange Zeit wurde diese Operationsmethode eingesetzt, um zumindest bei beginnendem Gelenkverschleiß Symptome zu reduzieren und den Zeitpunkt, an dem eine Gelenkprothese nötig wird, zu verzögern. Da jedoch zahlreiche Studien eine Wirksamkeit der Operation bei Kniearthrose nicht belegen konnten, wurde nun eine Kürzung durch die Krankenkassen vorgenommen. Die Arthrose im Kniegelenk (umgangssprachlich auch Gelenkverschleiß) ist die häufigste Ursache für Beschwerden am Knie. Durch die ständige Belastung, die dieses Gelenk erfährt, muss es hohen Kräften standhalten. Die Natur hat das Knie daher in besonderem Maße aufgebaut. Anatomie Das Kniegelenk ist das größte Gelenk unseres Körpers und in Funktion und Aufbau recht komplex. Drei Knochen, Oberschenkelknochen, Schienbeinkopf und die Kniescheibe stehen hier in Verbindung und sorgen für eine hohe Beweglichkeit und Belastungsfähigkeit im Alltag. Das Gelenk wird auch als zusammengesetztes Gelenk bezeichnet, da hier bei genauer Betrachtung zwei Gelenke zusammenkommen. Das Kniescheibengelenk, welches sich zwischen Oberschenkelknochen und Kniescheibe befindet, und das Kniekehlengelenk, das zwischen Oberschenkelknochen und Schienbeinkopf liegt. Vereinzelt wird anatomisch auch noch das seitliche Gelenk zwischen Wadenbein und Schienbein miteinbezogen, da eine Verbindung zur Gelenkkapsel des Knies besteht. Je nachdem wie wir das Kniegelenk benutzen, ändert sich das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten. Im aufrechten Stand liegt die Belastung direkt und stabil auf dem Schienbeinknochen. Beim Gehen, wenn wir unser Knie beugen und strecken, ändert sich auch die Belastung für die Gelenkpartner. Diese Bewegung wird durch zahlreiche Bänder geführt und begrenzt. Die Kniescheibe, die in eine feste Sehne eingebettet ist, reguliert die Kraftübertragung wie bei einem Seilzug. Die Kraft, mit der die Kniescheibe auf den Oberschenkelknochen wirkt, ist durch die Wissenschaft bereits intensiv untersucht worden und kann ein Vielfaches des eigenen Körpergewichts annehmen. So lastet bei normalem Gehen etwa die Hälfte des Körpergewichts auf unserer Kniescheibe. Beim Laufen erhöht sich diese Kraft bereits auf das 7 bis 11 fache. Bei einem nach unten gerichteten Sprung wurden Werte um das 24 fache des eigenen Körpergewichtes gemessen. Doch die Natur hat an eine Art „Stoßdämpfer“ gedacht. Auf dem Unterschenkelknochen befinden sich zwei halbmondförmige Knorpelscheiben (der Innen- und Außenmeniskus) die zur Federung beitragen, Stoßkräfte minimieren und Unebenheiten der Knochenfläche ausgleichen. Zusätzliche Stabilität wird im Inneren des Knies von sich überkreuzenden Bändern gebildet, den so genannten Kreuzbändern. Sie kontrollieren im Inneren das Knie in der Beugung und bei der Drehung. Zwei seitliche Bänder, das Außen- und das Innenband, sichern die Festigkeit im Stand. Unterstützt werden diese Strukturen von Fettpolstern und Schleimbeuteln, damit das Kniegelenk belastbar bleibt. So ist bei jeder Bewegung mindestens ein Teil in diesem System aktiv.

Wenn das Knie schmerzt …

Es liegt am komplizierten Aufbau unseres Kniegelenkes, dass hier immer wieder Schmerzen auftreten können. Die Anforderungen sind groß; beim Tanzen, Laufen, Sitzen, – unsere Knie stehen ständig unter Belastung. Die Hauptursachen für Schmerzen an den Kniegelenken sind Arthrose und Überbelastung im Sport. In vielen Sportarten gehören Knieverletzungen zum Alltag. Bänderriss, Meniskusschäden, Knochenbrüche. Die Möglichkeiten sich durch aktive Betätigung das Knie zu verletzen sind vielfältig.

Doch nicht immer kommen Schmerzen am Knie durch eine Sportverletzung oder einen Unfall zu Stande. Denn Sport und Bewegung in vernünftigem Maße sind für alle Gelenke wichtig und verbessern auch unser Allgemeinbefinden.

Es sind bevorzugt ungewohnte Tätigkeiten durch Gartenarbeit, Renovierungen oder ausgedehnte Wanderungen, die üblicherweise nicht zu unseren Alltagsbewegungen gehören und häufig auch unsere Kniegelenke überfordern. Wir merken es dann nicht nur durch Muskelkater sondern vielleicht auch durch Schmerz oder Schwellungen des Knies.

Auch Rheuma, manche Stoffwechselerkrankungen oder ein Bandscheibenvorfall können für Schmerzen im Bereich der Knie verantwortlich sein. Es gibt viele mögliche Ursachen wenn sich Knieprobleme zeigen.

Akut auftretende Beschwerden, vor allem nach dem Sport oder körperlichen Betätigung, werden als Sofortmaßnahme nach der sogenannten PECH-Regel behandelt. (Pause, Eis, Compression und Hochlagerung). Als erste Maßnahme ist es wichtig, das Gelenk ruhigzuhalten. Weiter radeln oder joggen nach einer Verletzung ist kontraproduktiv und sollte vermieden werden. Kühlung innerhalb der ersten Minuten wirkt schmerzlindernd und vermindert die Schwellung. Kältesprays (wie sie auch bei der letzten Fußball-Europameisterschaft zu sehen waren) oder feucht-kalte Umschläge sind hier wirksam. Eispackungen nie direkt auf die Haut auflegen! Ein leichter Kompressionsverband stabilisiert, sollte jedoch nicht zu fest angelegt werden. Wird das betroffene Bein hochgelagert reduziert sich die Blutzufuhr und Flüssigkeit im Gewebe wird leichter abtransportiert. Das vermindert Schwellung und Schmerz. Mit diesen Maßnahmen beruhigen sich viele Beschwerden bereits nach wenigen Tagen wieder vollständig. Ist das Knie jedoch stark geschwollen und in seiner Funktion deutlich eingeschränkt muss ein Arzt aufgesucht werden. Besonders wenn der Schmerz unvermindert anhält.

Vor jeder Behandlung eines schmerzenden Knies steht nämlich zunächst einmal die richtige Diagnose. Hierbei hilft bereits in vielen Fällen die Befragung der Krankengeschichte des Patienten. Wie kam es zu den Problemen und, wo sind sie lokalisiert. Sind es akute Schmerzen oder bestehen die Beschwerden schon länger. Eine körperliche Untersuchung mit Bewegungstests führt oftmals bereits zu einer vorläufigen Diagnose. Unterstützend werden Röntgenaufnahmen oder Ultraschalluntersuchungen gemacht. Für gezielte Therapieentscheidungen wird möglicherweise eine Kernspintomographie (MRT) durchgeführt. Durch diese Form der Bildgebung stehen aussagekräftige Informationen zur Verfügung und eine Gelenkspiegelung kann vermehrt umgangen werden. Bei einer Entzündungssituation kommen auch Laboranalysen zum Einsatz. Je nach gestellter Diagnose kommen in der Orthopädie unterschiedliche Behandlungsverfahren zum Einsatz. Diese reichen von medikamentöser Behandlung zur Entzündungshemmung oder Schmerzstillung, über Punktionen des Gelenks oder weiterführende Verordnungen zur Physiotherapie mit physikalischen Maßnahmen. Erst wenn konservative Verfahren keine Besserung erzielen werden auch operative Eingriffe eingesetzt. …aber nichts gefunden wird Immer wieder gibt es jedoch auch Beschwerden, für die trotz intensiver Diagnostik keine Ursache gefunden wird. Wie bei Thorsten P. (38) zum Beispiel. Er ist Vertriebsleiter und treibt regelmäßig Sport um körperlich fit zu bleiben. Laufen und Radfahren sind seine Sportarten, die er nach Feierabend oder am Wochenende ausübt. Seit über einem halben Jahr kann er sein rechtes Knie nur noch eingeschränkt belasten, da nach kurzer Laufstrecke Schmerzen auftreten. Selbst das Radfahren, eigentlich eine kniefreundliche Sportart, geht nur unter Schmerzen. Vor allem beim bergauf fahren.

Als Herr P. sich in unserer Praxis vorstellt, hatte er bereits eine orthopädische Abklärung durchlaufen. Schmerzmedikation, Physiotherapie und Elektrotherapie brachten kurzfristig Besserung. Sobald er das Knie jedoch mehr belastete kamen die Schmerzen zurück. Selbst im MRT wurde keine Ursache für die Beschwerden gefunden, da keine deutliche Schädigung zu erkennen war. Eine Kniespiegelung lehnte Herr P. ab.

Bei der osteopathischen Untersuchung, die stets den ganzen Körper betrachtet, fielen beim Patienten mehrere Körperregionen diagnostisch auf. Lokal am Knie waren sowohl die Innen- als auch die Außenseite des Knies druckschmerzhaft. Am Fuß derselben Seite zeigte sich eine deutliche Blockierung eines Fußknochens mit Beteiligung des Sprunggelenks. Auch hier war ein schmerzhafter Bereich tastbar. Auf die Frage, ob es in der Vergangenheit mal eine Verletzung am rechten Sprunggelenk gab, konnte Herr P. keine Antwort geben. Er könne sich an keine Verletzung erinnern. Bei der ersten Behandlung wurden die Seitenbänder des Knies nochmals osteopathisch behandelt und die Blockierung des Fußes korrigiert. Zusätzlich fanden sich Spannungen der Muskelketten und im Fasziengewebe. Deutliche Spannungen im Beckenbereich der Gegenseite wurden ebenfalls behandelt. Diese kamen wahrscheinlich von einer Schonhaltung, da Thorsten P. in den letzten Monaten verstärkt die linke Seite belastete um das rechte Knie zu schonen. Wir empfahlen mit dem Joggen zu pausieren und gegebenenfalls schwimmen zu gehen.

Bei der zweiten Behandlung nach zwei Wochen berichtete Thorsten P. bereits von einer Besserung der Symptome. Er konnte das Knie schmerzfrei beugen und hatte in der Zwischenzeit aufs Joggen verzichtet. Das Fahrradfahren ging besser, jedoch nicht schmerzfrei. Schwimmen war er nur sporadisch. Während der zweiten Behandlung bestätigte der Patient, dass er vor nicht ganz einem Jahr beim Joggen im Dunkeln eine Wurzel übersehen habe und umgeknickt sei. Der Schmerz im Fuß sei aber nach ein paar Tagen wieder vergangen. Dies sei ihm jetzt erst wieder eingefallen. Durch diesen Hinweis konzentrierten wir uns in der Behandlung weiterhin auf den Fuß und die Spannungen der Muskelketten und des Fasziengewebes.

Nach der dritten Behandlung war Thorsten P. auch unter Belastung schmerzfrei.

Der Körper als Einheit

Nicht immer liegt die Ursache der Beschwerden auch am Ort des Schmerzes. In unserem Beispiel hat ein Umknicken des Fußes dazu geführt, dass dieses Trauma nicht nur eine Blockierung des Fußgelenks verursacht hat, sondern auch zu Spannungsmustern im gesamten Bein geführt hat. Beschwerden entstehen meist am schwächsten Glied der Kette. Am Fuß wurde die Blockierung kompensiert. Der Schmerz wurde nach ein paar Tagen besser. Am Knie jedoch traten nach einigen Monaten Belastungssymptome auf, die sich dann verstärkten, wenn der Fuß durch das Joggen wieder verstärkt belastet wurde. Über die Monate setzte sich diese Spannungskette immer weiter fort und erreichte das Becken. Eine intensive Behandlung des Kniegelenkes löste immer wieder den Schmerz nur kurzfristig, da die eigentliche Störung ja im Fußgelenk zu finden war. In der alltäglichen Praxis begegnen uns ähnliche Fälle immer wieder. So kann es trügerisch sein, sich nur am Symptom zu orientieren. Es gibt in unserem Körper eine Vielzahl von Verbindungen, so dass sich unterschiedliche Körperregionen oft gegenseitig beeinflussen. Das Ziel einer osteopathischen Behandlung ist es, den Spannungen im Gewebe bis zu ihrem Ursprung zu folgen und dort mit der Behandlung anzusetzen.

Das Knie ist Knotenpunkt

Unter ganzheitlichen Gesichtspunkten ist das Knie eine wichtige Schaltzentrale im System der Muskelketten und Faszienzüge, die durch unseren Körper verlaufen. Hier kommen Einflüsse aus dem gesamten Bein zusammen. Dadurch reagiert das Knie häufig auf Störungen, die sich von unten über die Füße oder von oben über die Hüfte ausbreiten. Deutliche Blockierungen der Lendenwirbelsäule oder im Bereich des Beckens können ebenso Symptome im Knie beeinflussen und vereinzelt auch verursachen. Aus osteopathischer Sicht muss daher der Körper in seiner Gesamtheit betrachtet werden um eine bestmögliche Behandlung einzuleiten. Das Ziel jeder Behandlung ist es, die Regulation des Benjamin Hartlieb Osteopath & Heilpraktiker Körpers anzuregen, damit die Selbstheilungskräften voll greifen können.

Die Natur hilft

Die Naturheilkunde hat viel zu bieten, um Schmerzen im Knie zu lindern. Ausschlaggebend ist jedoch stets, die Ursache der Beschwerden zu finden oder zumindest einzuschränken. Bei Arthrose im Kniegelenk hat sich die Akupunktur bewährt. Zur Schmerzlinderung ist sie laut Studienlage sogar wirksamer und kostengünstiger als die Standardtherapie und wird dementsprechend auch von immer mehr gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Die Behandlung muss zur Erstattung bei Ärzten mit Zusatzausbildung erfolgen. Traditionell werden bei Kniegelenksarthrose auch Blutegel zur Behandlung eingesetzt. Erfordert dies zwar für einige Patienten Überwindung, sind viele jedoch von der Wirksamkeit begeistert. Spezielle medizinische Züchtungen werden an mehreren Stellen um das Knie herum angesetzt und beginnen dort zu saugen. Dabei geben Sie schmerzstillende Substanzen ab und fördern die Beweglichkeit des Knies. Sie werden am Knie belassen bis sie nach einiger Zeit von selbst wieder abfallen. Danach dürfen sie zur Behandlung nicht wieder eingesetzt werden. Die Behandlung mit neuen Blutegeln kann nach mehreren Wochen wiederholt werden. Einige Praxen haben sich auf die Behandlung mit Blutegeln spezialisiert. Besteht zusätzlich eine entzündliche Komponente am Knie kann auch mit pflanzlichen Wirkstoffen der Körper in seiner Heilung unterstützt werden. Die Teufelskralle, oder genauer gesagt, die Teufelskrallenwurzel, wirkt entzündungshemmend und wird nicht nur bei Arthose, sondern auch bei Rheuma und Rückenschmerzen eingesetzt. Teufelskralle (400 mg 3 x 1 Tbl.) wird meist als Trockenextrakt in Kapsel- oder Tablettenform verodnet und sollte 12 bis 20 Wochen eingenommen werden. Die Erfahrung zeigt, dass erst nach diesem Zeitraum eine Wirkung einsetzt. Die Dosierung kann dann reduziert werden. Die Einnahme als Tee ist ebenfalls möglich. Da der Tee recht bitter schmeckt und die Werkstoffkonzentration hier niedriger ist, sollte die Einnahme von Kapseln oder Tabletten bevorzugt werden. Die Teezubereitung kommt wiederum bei Verdauungsbeschwerden Verstärkt im wissenschaftlichen Fokus steht seit einigen Jahren die Hagebutte. In Studien konnte bereits die entzündungshemmende Wirkung nachgewiesen werden. Hagebuttenpulver (2 gestrichene Teelöffel) verbessert auch die Beweglichkeit der Gelenke. Aus dem Bereich der Homöopathie kann SPENGLERSAN KOLLOID R® (4x täglich 5-10 Sprühstöße) direkt auf das betroffene Knie gesprüht und dort verrieben werden. Die Besserung sollte bereits nach wenigen Tagen der Anwendung erfolgen.

Des Weiteren können bei Schmerzen, Schwellung oder Entzündung am Knie auch Enzympräparate (KARAZYM® 2 x 2 Tabletten, WOBENZYM PLUS® 2 x 3 Kapseln. 1 Stunde vor dem Essen) oder Grünlippmuschel-Präparate (ARTHI-VERLAN®, BASIS OSTEO ARTHROS®. 2x 2 Tabletten. Nicht bei Allergien auf Meeresfrüchte) zum Einsatz kommen. Regeln fürs Knie Unsere Knie werden stark beansprucht. So ist auch hier Vorbeugung die beste Medizin. Vor allem starke Beanspruchung über einen längeren Zeitraum schadet dem Gelenk auf Dauer. Starkes Übergewicht beansprucht das Knie ebenso vermehrt, wie häufiges Kniebeugen oder das Tragen hoher Schuhabsätze. Achten Sie auf sich selbst und Ihren Körper: Bewegung ist für das Knie wichtig, da der Gelenkknorpel nur durch Bewegung versorgt wird und das Gelenk so geschmeidig bleibt. Das Motto lautet also: „Bewegung, ohne Belastung!“. Geführtes Muskeltraining kann das Knie stabilisieren.

Benjamin Hartlieb Osteopath & Heilpraktiker