Der Darm – Ursprung der Gesundheit

Das Magen-Darm-System mit seinen 6–8 Metern Länge und einer Oberfläche von ca. 400–500 m² gilt seit jeher als das Zentrum für die Gesundheit. Die Chinesische Medizin hat dies erkannt, und auch Paracelsus und Hippokrates formulierten Aussagen wie „Der Tod sitzt im Darm“. Doch in der Regel wird in der westlichen Welt bislang hier kaum ein Augenmerk darauf geworfen. Haben die Patienten Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung oder immer wiederkehrende Übelkeit oder Sodbrennen, wird über kurz oder lang eine Magen- bzw. Darmspiegelung durchgeführt. Ist hier nichts zu finden, gilt der Patient in der Regel als gesund und - wenn er Pech hat - auch als Simulant. Diese Patienten erhalten oft die Diagnose wie Reizdarmsyndrom oder eine Diagnose aus der psychosomatischen Schatzkiste. Das heißt nicht, dass es diese Fälle, in denen solche Diagnosen zutreffen, nicht gibt. Vielen Patienten wird man allerdings mit solchen Befunden nicht gerecht. Der Darm – Ursprung der Gesundheit Doch nun zum eigentlichen Thema, der Darmgesundheit. Was ist das und wann kann man sagen, der Darm ist gesund? Wenn wir ihn nicht spüren? Wenn wir täglich einen normalen Stuhlgang haben? Im Prinzip insbesondere mit dem letzten Punkt wäre schon sehr viel erreicht. Wir sollten jeden Morgen ohne die Zuhilfenahme von abführenden Mitteln einen Stuhlgang haben. Darüber hinaus sollte anschließend die Benutzung des Klopapiers mehr oder weniger nicht notwendig sein. Was Blähungen angeht, sind diese etwas ganz Natürliches, aber sie sollten keine unangenehmen Gerüche erzeugen. Ist dies der Fall, weist das auf Fäulnisprozesse in Ihrem Darm hin. Die Bakterien in Ihrem Darm produzieren jeden Tag zwischen 15–18 l Gas. Diese müssen zum Glück nicht alle als Blähungen abgelassen werden - der Großteil wird abgeatmet. Das ist eine eklige Vorstellung, ist aber zum Glück komplett geruchsneutral. Also können wir sagen, wenn es stinkt oder wir durch Blähungen Krämpfe bekommen oder ständig aufstoßen müssen, ist dies ein Hinweis, dass etwas im MagenDarmtrakt nicht stimmt. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein. Häufig liegt eine bakterielle Fehlbesiedelung im Dickdarm, also dem letzten Abschnitt des MagenDarmsystems, zugrunde. Wenn unsere kleinen Helfer aus dem Gleichgewicht kommen, entsteht Fäulnis und dabei wiederum die oben genannten übel riechenden Gase. Zusätzlich gibt es Bakterien, die generell, wenn sie nachweisbar sind, viele Gas- und Giftstoffe bilden. Die bekanntesten sind hier die Clostridien. Diese stehen auch im Verdacht, eine Krebsentstehung zu begünstigen. Weitere Probleme stellen sich ein, wenn zusätzlich Nahrungsmittelallergien, zu schnelles, schlecht gekautes Essen und Stress die Blähungen verstärken. Unser Darm ist nämlich ein Sensibelchen, der mag es am liebsten gemütlich, getreu dem Motto „Nach dem Essen sollst du ruhen“. Stopfen wir uns in 20 Minuten das Essen in der Kantine rein und hetzen danach zu einem wichtigen Meeting mit unseren Chefs, merkt das unser Darm und ist so sozial zu uns, dass er die Durchblutung, die er für die Verdauung bräuchte, unserem Gehirn überlässt, so dass wir nicht während unseres Vortrags einschlafen. Die Folge ist aber, dass das Essen in unserem Darm vergammelt. Liegen Fäulnisprozesse im Darm über einen längeren Zeitraum vor, kann die Darmschleimhaut im Sinne eines Leaky-Gut-Syndroms geschädigt sein. Das bedeutet, dass die mikroskopisch feinen Verbindungen unserer Darmzellen aufgelockert werden, wodurch recht große Nahrungsbestandteile und alles, was wir sonst noch mit dem Mund zu uns nehmen, in das Blut übertreten können. Dadurch schlägt unser Immunsystem Alarm, da diese Stoffe in der durchtretenden Menge nicht dort hingehören. Das wiederum kann die Magen-Darmbeschwerden verstärken, kann aber auch zu Symptomen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Fließschnupfen führen, also Beschwerden, die wir primär nicht mit unserem Darm in Verbindung bringen würden.

Allergien, Asthma und Neurodermitis

Außerhalb der üblichen Magen-Darmbeschwerden gibt es noch weitere Symptome bzw. Erkrankungen, die auf einen fehlgeleiteten Darm hinweisen können. Da, wie schon oft beschrieben, 80% unseres Immunsystems in der Darmwand liegt und unsere Darmbakterien unser Immunsystem trainieren, gilt es auch bei Vorliegen von Autoimmunerkrankungen und Allergien nach der Gesundheit Ihres Verdauungsapparates schauen zu lassen. Erkrankungen wie Heuschnupfen, allergisches Asthma und Neurodermitis lassen sich über einen Darmaufbau mit Bakterienpräparaten und anderen darm-unterstützenden Phytopräparaten häufig deutlich verbessern. Wir können zusammenfassen: Der Darm ist spannender, als man es auf den ersten Blick für möglich hält, und es ist sicher sinnvoll, dafür zu sorgen, dass er gesund ist.

Do it yourself – Darmgesundheit

Die einfachsten und direkt umsetzbaren Möglichkeiten sind: Gesunde Ernährung, ausreichendes Kauen und wenig Stress, insbesondere beim Essen. Mit gesundem Essen meine ich eine gesunde Mischkost mit vorzugsweise viel Obst, Gemüse, aber auch Fleisch, Fisch, Nüsse und gesunden Ölen. Die Menge der Kohlenhydrate ist bei den meisten westlich lebenden Menschen zu hoch, d.h. morgens und abends Brot und dazwischen Pizza, Nudeln oder Kartoffelpuffer. Das ist als Dauerernährung in der Regel nicht sinnvoll und kann zu einer einseitigen Darmbesiedelung führen.

Präbiotika

Es gibt übrigens auch Nahrungsbestandteile, die unsere guten Darmbakterien besonders mögen. Hierzu zählen Liliengewächse wie Lauch, Knoblauch und auch Zwiebeln sowie Korbblütler wie Chicorée, Schwarzwurzel und Artischocke. Bestandteile hiervon findet man in sogenannten Präbiotika, also Mittel, die bei der Anzucht der gesunden Darmbakterien behilflich sind.

Darmflora

Eine lohnenswerte Untersuchung ist die Analyse der Darmflora, also unserer Darmbakterien, welche wir für unsere Gesundheit brauchen. Danach kann durch sogenannte Probiotika, also Bakterien als Pulver, Lösung oder Kapsel, die Darmflora entsprechend aufgebaut werden. Dies kann gut und gerne dann bis zu einem Jahr dauern, und der Erfolg sollte über eine entsprechend zweite Analyse kontrolliert werden. Die Bakterienmenge nimmt im Verlauf des Magen-Darmtrakts immer weiter zu. Haben wir im Magen aufgrund der Magensäure kaum Bakterien, werden es im Dünndarm 10 Millionen Bakterien und im Dickdarm sogar bis zu 1 Billion pro Gramm. Wenn wir nur nach der Zellanzahl gehen, besteht der Mensch aus 90% Bakterien. Der einzige Grund, dass man sozusagen nur die menschlichen Zellen sieht, liegt darin, dass unsere 10% menschliche Zellen deutlich größer sind.

Man kann sich allerdings bei dieser Anzahl an Bewohnern denken, dass diese in der Evolution für uns von Vorteil sein mussten. Es gibt mittlerweile viele Studien, in denen nachgewiesen werden konnte, dass die Bakterien unsere für uns unverdauliche Nahrung verdauen, uns vor Eindringlingen schützen, unsere Darmschleimhaut pflegen, unsere Darmaktivität mitregulieren und uns sogar mit Vitaminen und Mineralien versorgen. Der letzte Punkt kann auch außerhalb des Körpers beobachten werden. Sauerkraut und fermentierte Stutenmilch sind deshalb so Vitamin C-haltig, da dieses beim Reifungsprozess durch die Bakterien hergestellt wurde. Häufig bekomme ich in der Praxis die Frage gestellt, woher überhaupt Fehlbesiedelungen kommen. Eine berechtigte Frage, wenn man beachtet, wie viele Funktionen diese kleinen Lebewesen für uns haben. Am einfachsten ist der Zusammenhang herzustellen, wenn der Patient in der Vergangenheit häufiger Antibiotika einnehmen musste. Diese wirken nicht nur gegen die Übeltäter, sondern auch gegen unsere Helfer. Nach einer solchen Therapie kann es sein, dass sich dann nicht so hilfreiche Bakterien den frei gewordenen Darmplatz einnehmen. Es gibt aber natürlich noch deutlich mehr Ursachen.

Essen wir beispielsweise viele Fertigprodukte, nehmen wir automatisch auch Konservierungsstoffe zu uns, und diese sollen ja die Ware vor Bakterien schützen. Dementsprechend haben diese Stoffe auch in einer gewissen Form eine antibiotische Wirkung, welche dann auch in unserem Körper ihre Effekte entfaltet. Ein weiterer Grund kann zu schnelles Essen bzw. unzureichendes Kauen sein. Hier kommt zuviel unverdaute Nahrung im Dickdarm an und füttert dort unsere Bakterien, welche sich entsprechend des Nahrungsangebotes vermehren. Wir essen häufig schnell, da wir unter Zeitdruck leiden und Stress haben. Stress, wie oben beschrieben, hat aber leider auch die Eigenschaft, dass die Blutzufuhr zu unserem Darm gedrosselt wird, weil unser Körper denkt „Alarmbereitschaft“. Wir brauchen das Blut jetzt wo anders, verdaut wird später. Somit wird klar, welche Folgen Dauerstress für unseren Darm hat.

Nahrungsmittelintoleranzen

Neben der Untersuchung auf Bakterien sollten zusätzlich bei Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie bzw. –intoleranz entsprechend weitere Untersuchungen in Form von Blutanalysen erfolgen. Liegen demnach Allergien bzw. Intoleranzen vor, können diese einen erfolgreichen Darmaufbau erschweren bzw. verhindern. Zu den Nahrungsmittelintoleranzen zählt die bekannte Laktoseintoleranz, aber auch die Fructose-, Sorbit- und Histaminintoleranz. Alle diese Intoleranzen haben die Gemeinsamkeit, dass wir einen Stoff aus der Nahrung aufnehmen, z. Bp. bei der Laktoseintoleranz die Laktose, also den Milchzucker, der im Darm nicht richtig verarbeitet und damit nicht ausreichend in den Körper aufgenommen werden kann. Hierdurch verbleibt er im Darm und wird von unseren Bakterien vergoren, was einen Großteil der resultierenden Beschwerden erklärt. Nähere Information finden Sie zu Nahrungsmittelintoleranzen auch im ENBEinhefter vom Juli 2017.

IgG – Nahrungsmittelallergien

Nahrungsmittelallergien sind von den Intoleranzen dahingehend abzugrenzen, dass es durch die Reaktion unseres Immunsystems auf einen Nahrungsbestandteil zu Beschwerden kommt. Mit Nahrungsmittelallergie ist in diesem Fall nicht die Form der Allergie gemeint, bei der man eine Haselnuss isst und einem sofort die Zunge und Atemwege anschwellen. Diese sind auch durch eine Überreaktion des Immunsystems bedingt, aber im Gegensatz zu den harmloseren, IgG-vermittelten Nahrungsmittelallergien weiß man sofort, was man nicht verträgt. IgG ist übrigens die Bezeichnung der Abwehrstoffe, die der Körper gegen Eindringlinge, in diesem Fall gegen die Nahrungsmittel, bildet. Ursächlich für die IgG-Allergien ist häufig das oben erwähnte Leaky-gutSyndrom. Hierfür wiederum sind meist bakterielle Fehlbesiedelungen ursächlich. Sie sehen, es hängt alles miteinander zusammen.

Was kann man dem Darm Gutes tun?

Anders als der Rest vom Körper mögen es der Darm und dessen gesunde Bakterien leicht sauer, das heißt einen pHWert von ca. 6. Dieser wird u.a. über Rechtsmilchsäure erreicht. Da bei vielen Patienten der pH ins Basische gekippt ist, kann die Einnahme von Rechtsmilchsäure beispielsweise in Form von RMS Asconex® Tropfen (3 x 20 Tropfen) oder Rechtsregulat® (2 x 10ml) sinnvoll sein. Wer es noch natürlicher will, kann auf Sauerkrautsaft zurückgreifen. Dieser sollte ohne größere Behandlungen sein. Des Weiteren helfen uns Bitterstoffe, die Nahrung besser für unsere Bakterien vorzuverdauen. Das heißt, man kann vor dem Essen z.B. ProIntest® Tropfen von Tisso (3 x 10 Tropfen) oder Bittry® Tropfen von Salus (3 x 15 Tropfen) einnehmen. Um die anfallenden Giftstoffe aufzufangen, können täglich Heilerde, Bentonit oder Zeolith eingenommen werden. Diese Stoffe haben durch ihre Beschaffenheit die Möglichkeit, Gifte zu binden und dann über den Stuhl auszuscheiden. Hiermit können u.a. Übelkeit und Durchfälle behandelt werden. Wer lieber Kapseln einnimmt, kann auch auf Huminsäuren, wie z.B. Activomin®, zurückgreifen. Hier werden die ersten 10 Tage 3 x 2 Kapseln und danach 3 x 1 Kapsel eingenommen. Eine weitere, wohltuende Methode ist aus dem Ayurveda überliefert. Hier soll man morgens nach dem Aufstehen 250- 500 ml warmes Wasser trinken. Der Magen-Darmtrakt mag es nach dem Ayurveda und der Chinesischen Medizin gerne warm, und durch die Flüssigkeit wird die Verdauung angeregt, so dass ein regelmäßiger Stuhlgang gefördert werden kann.

Dr. Thomas Bacharach Arzt, tätig in allgemeinmedizinischer Praxis, Reisemedizinische Gesundheitsberatung, Referent u.a. für Nahrungsmittelallergien, Vitamine und Mineralstoffe.