Der Ingwer Die Heilpflanze des Jahres 2018

Die Ingwerwurzel wurde zur Heilpflanze des Jahres 2018 gewählt, da sie ausgezeichnete und besonders vielfältige medizinische Wirkweisen besitzt. Schon seit Jahrtausenden wird diese kostbare Pflanze erfolgreich sowohl in der alten indischen Heilkunde (Ayurveda) als auch in der traditionellen chinesischen Medizin bei zahlreichen Beschwerden eingesetzt. In Europa war sie bereits im antiken Griechenland als Heilmittel bekannt und Hildegard von Bingen setzte sie ebenso ein wie Theophrastus Bombast von Hohenheim (besser bekannt als Paracelsus). Ingwer gehört botanisch zur Familie der Ingwergewächse und ist mit anderen Gewürzpflanzen wie Kurkuma, Kardamom und Galgant verwandt. Die genaue Herkunft der medizinisch wirksamen Ingwerwurzel (Zingiberis rhizoma) ist wissenschaftlich jedoch nicht ganz geklärt. Möglicherweise hat sie ihren Ursprung auf Sri Lanka oder den pazifischen Inseln. Gerade in den Tropen und Subtropen fühlt sie sich besonders wohl und wird dort auch heute noch gezielt angebaut. Indien ist hierbei der größte Produzent (das meiste davon bleibt im eigenen Land), und China ist der größte Exporteur. Der Ingwer Die Heilpflanze des Jahres 2018 Gewürz und Arznei zugleich Wesentliche Bestandteile des Ingwers sind ätherische Öle und Harze wie das Gingerol. Der Ingwer ist außerdem reich an Vitamin C und enthält darüber hinaus Magnesium, Eisen, Kalzium, Kalium, Natrium und Phosphor.

Gingerol verleiht dem Ingwer die bekannte Schärfe. Diese aromatische Eigenschaft wird vor allem in der asiatischen Küche gerne genutzt. Vor dem Einführen von Chili aus Amerika, war es im asiatischen Raum neben dem Pfeffer das einzige scharfe Gewürz. Sowohl frisch als auch getrocknet kommt es zu Fisch- und Fleischgerichten, Suppen, Currys, Chutneys oder auch in Gebäck zum Einsatz. Auch in Deutschland ist Ingwer sehr bekannt und beliebt. Wir finden ihn in frischer Form als Wurzel in Supermärkten oder Bioläden. Als Gewürzpulver vermahlen ist er in nahezu jeder Gewürzabteilung zu finden. In Apotheken gibt es Ingwer auch in Kapseln zum Einnehmen. Bei uns weniger bekannte Formen sind die Zubereitung als Presssaft, in Essig eingelegt oder kandiert. Diese Formen findet man meist in Asia-Läden. Im englischsprachigen Raum trinkt man gerne Ginger Ale oder Ginger Beer.

Warum ist Ingwer so gesund?

In der Wissenschaft wurden bereits einige Wirkungsweisen nachgewiesen. So ist Ingwer eine Pflanze, die in besonderem Maße auf unseren Verdauungstrakt wirkt. Er ist allgemein verdauungsfördernd und regt die Produktion von Speichel, Magensaft und Gallenflüssigkeit an. Diese Eigenschaften haben sich in der Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bewährt. Bei einer Neigung zu Reiseübelkeit gehört daher immer auch etwas Ingwer in die Tasche. Außerdem wurde eine antibakterielle und virostatische Wirkung nachgewiesen. Im Kampf gegen Viren und Bakterien kommt Ingwer vor allem bei der unterstützenden Behandlung von Erkältungskrankheiten zum Einsatz. Bei Entzündungen wurden heilsame Effekte bereits wissenschaftlich bestätigt und können somit die Behandlung von Arthrosen und Rheuma ergänzen. Bei der Behandlung von Arthrose konnte mit einer Einnahme von Ingwer die gleiche Schmerzlinderung wie mit Ibuprofen erzielt werden. Nicht etwa weil Ingwer die Ursache beseitigt, sondern die Wahrnehmung des Schmerzes verändert.

Die im Ingwer enthaltenen Gingerole blockieren dieselben Rezeptoren, über die der Körper Schmerzen ans Gehirn meldet. Eine weitere sehr positive Wirkung des Ingwers betrifft unseren Stoffwechsel. Er kommt durch die Einnahme von Ingwer so richtig in Gang. Zwar purzeln die Pfunde durch Ingwer nicht von alleine, jedoch unterstützt er wunderbar eine Diät oder andere Entschlackungsmaßnahmen, da er die Fettverbrennung fördert und die Magensaftproduktion anregt. Zudem gleicht er auf natürliche Weise den bei einer Diät oder Fastenkur gelegentlichen Verlust an Mineralien wieder aus. Bei all diesen positiven Eigenschaften sind Nebenwirkungen nahezu unbekannt. In sehr seltenen Fällen kann es bei empfindlichen Menschen nach der Einnahme zu Sodbrennen kommen, da die Magensaftproduktion angeregt wird. Hier ist dann der Einsatz von Kapseln sinnvoller, da sich diese erst im Darm auflösen. Ingwer hat möglicherweise auch einen hemmenden Einfluss auf die Blutgerinnung. Daher sollten Menschen, die Blutgerinnungshemmer (z.B. Marcumar) einnehmen, beachten, dass Ingwer die Wirkung dieser Medikamente verstärken kann. Die Datenlage ist bei diesem Mechanismus jedoch noch nicht ganz geklärt.

Zur Sicherheit sollte vor Operationen ebenso auf eine erhöhte Einnahme verzichtet werden. Bei bekannten Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüren oder bei Entzündungen der Gallenblase ist von einer Einnahme prinzipiell abzuraten. Ingwer in der Schwangerschaft Durch die möglicherweise gerinnungshemmende Wirkung von Ingwer wurde lange Zeit eine Anwendung in der Schwangerschaft als problematisch angesehen. Denn zu viel Ingwer wirkt durchblutungsfördernd und befördert somit die Entstehung von Wehen. Aber auch hier ist die wissenschaftliche Datenlage leider sehr unklar und konnte bisher nicht eindeutig bestätigt werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, verzichtet gegen Ende der Schwangerschaft einfach auf regelmäßige Einnahmen der wohlschmeckenden Wurzel. Die traditionelle chinesische Medizin hingegen, die ja bereits seit Jahrtausenden Ingwer einsetzt, sieht bei einer Anwendung in der Schwangerschaft keinerlei Bedenken. Besonders in der Frühphase der Schwangerschaft kann eine Einnahme durchaus sinnvoll sein. Vor allem wenn Schwangerschaftsübelkeit den Alltag erschwert.

Wie wird Ingwer eingenommen?

Die heilsame Wirkung entfaltet Ingwer über eine innerliche Anwendung. Beim Essen, als Getränk oder auch in Pulver- oder Tablettenform. Entscheidend dabei sind die Menge und die Art der Zubereitung, um eine medizinische Wirkung zu erzielen. Bei einer frischen Ingwerwurzel gilt daher folgende Angabe: Die Einzeldosis sollte zwischen vier und sechs Gramm betragen. Entweder pur oder ins Essen, das liegt an der eigenen Vorliebe. Sehr weit verbreitet ist die Anwendung als Tee. Dabei sollte jedoch dringend darauf geachtet werden, dass man den Ingwer in möglichst kleine und feine Scheiben schneidet, damit sich die Wirkstoffe gut aus der Wurzel lösen können. Mit heißem Wasser aufgebrüht soll der Tee dann 5 bis 10 Minuten abgedeckt ziehen. Teezubereitungen mit Ingwer sind auch in getrockneter Form als Teebeutel erhältlich. Dadurch wird gewährleistet, dass stets dieselbe Dosierung je Beutel eingenommen wird. Zur Behandlung von Verdauungsstörungen sollte der Tee mehrmals täglich stets eine halbe Stunde vor dem Essen getrunken werden. Besonders wertvoll ist der belassene Frischpflanzenpresssaft. Er unterscheidet sich vom Teeaufguss dahingehend, dass sämtliche naturbelassenen Pflanzenstoffe noch enthalten sind. Inklusive der ätherischen Öle. Der Presssaft (3x tgl. 5 ml) wird verdünnt mit Wasser eingenommen. Wem der Geschmack von Ingwer nicht zusagt, jedoch auf die heilsamen Kräfte nicht verzichten möchte, kann auch zu einem fertigen Präparat greifen. Als Tropfen oder Kapseln ist eine Anwendung natürlich ebenso möglich. Doch nicht nur innerlich wird Ingwer angewendet. Äußerlich in die Haut einmassiert, lindert Ingwer-Öl Verspannungen und fördert die Durchblutung, da die wirksamen Gingerole im Öl gut gebunden werden.

Zudem kann es ganz einfach selbst hergestellt werden:

Auf 100g frisch geriebenen Ingwer kommen 250 ml Olivenöl in Bio-Qualität. Beides wird in einem feuerfesten Topf vermischt und bei 60 Grad im Backofen für zwei Stunden erhitzt. Danach wird es durch ein feines Sieb in eine Glasflasche gefüllt. Nach 2 Wochen Reifezeit ist es einsetzbar und in der Flasche etwa ein halbes Jahr haltbar. Damit es nicht zu Hautreizungen kommt, sollte die Dosierung eingehalten werden und bei sehr empfindlicher Haut ist besondere Vorsicht geboten. Alternativ kann das selbst hergestellte Ingwer-Öl auch für Kompressen oder als Badezusatz verwendet werden. Wird Ingwer eigentlich geschält? Direkt unter der Schale befinden sich, ähnlich wie beim Apfel, die meisten Nährstoffe. Frischer Ingwer in Bio-Qualität kann daher mit der Schale verarbeitet werden, da beim biologischen Anbau die Schale unbehandelt ist. In diesem Fall sollte der Ingwer nach Möglichkeit nicht geschält werden, sondern nur mit Wasser gewaschen oder mit einer Bürste gereinigt werden. Frischer Ingwer lässt sich übrigens auch wunderbar mit einem Teelöffel abschaben, ganz ohne Schäler oder Küchenmesser. Hier können dann sogar Kinder ohne Verletzungsgefahr mithelfen. Ist die Ingwerwurzel bereits älter oder stammt nicht aus kontrolliert biologischem Anbau, wird der Ingwer geschält. Bei älterem Ingwer schmeckt die Schale oft holzig und der Geschmack kann auf den Tee oder die Speisen übergehen.

Leider werden bei konventionellem Anbau immer wieder Pestizide verwendet und gehen auf die Schale über. Die Verbraucherzentrale Bayern konnte in Untersuchungen bereits erhöhte Pestizidwerte in Ingwerschalen nachweisen.

Ganz einfach ist es übrigens, die Pflanze selbst anzubauen:

Als Tropenpflanze mag sie es bekanntlich besonders warm und feucht. Hierzu nimmt man einfach ein etwa 5 cm großes Stück einer frischen Wurzel und steckt diese in einen Topf mit Blumenerde. Etwas angießen und mit Klarsichtfolie abgedeckt, entsteht unter der Folie ein feuchtes und warmes Mikroklima, das schon nach kurzer Zeit frische Triebe entstehen lässt. Nach wenigen Monaten lässt sich der unterirdische Pflanzenteil ernten und genießen. Oder aber Sie stellen daraus Ihre eigene Medizin her. Mit Ingwer gegen Migräne Vor wenigen Jahren erst wurde eine neue Entdeckung bei der Behandlung von Migräne gemacht. Momentan leiden etwa zwei von drei Erwachsenen in Deutschland (das entspricht etwa 47 Millionen Menschen) zeitweise unter Kopfschmerzen. Dazu zählen Spannungskopfschmerzen (25 Millionen), Migräne (18 Millionen) und andere Formen wie etwa dem ClusterKopfschmerz. Migräne wird nach heutigem Kenntnisstand durch eine Erweiterung der Hirngefäße hervorgerufen und äußert sich in einem pochenden, hämmernden Schmerz, der neurologische Zeichen mit Übelkeit und Erbrechen hervorrufen kann. Seit vielen Jahren gibt es mit den sog. Triptanen eine Substanzklasse, mit der Migräneanfälle medikamentös erfolgreich behandelt werden können. Triptane können die Nervenaktivität in verschiedenen Gehirnzentren normalisieren und erweiterte Gefäße im Gehirn wieder verengen. Zusätzlich blockieren sie die Freisetzung von Botenstoffen, die bei lokalen Entzündungen an Gefäßen ebenso eine Rolle spielen.

Das bekannte und häufig verwendete Sumatriptan bewirkt bei vielen Migränepatienten eine rasche Besserung der Symptomatik. Allerdings tritt bei etwa 40 Prozent der Patienten eine Migräne innerhalb von 24 Stunden erneut auf, wodurch eine weitere Gabe erforderlich wird. Zusätzlich gibt es zahlreiche Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel, Muskelschmerzen und Schwächegefühle. Selten kommen Herzreaktionen oder epileptische Anfälle vor. Wie gut Ingwer bei Kopfschmerzen wirken kann, zeigt ein Beispiel aus der naturheilkundlichen Praxis. Unter den Folgen der Nebenwirkungen litt auch Pascal Horn (Name geändert). Der 44 Jährige Außendienstmitarbeiter eines mittelständischen Unternehmens war stets viel im Auto von Kundentermin zu Kundentermin unterwegs. Der tägliche Terminstress führte regelmäßig zu Kopfschmerzen, die auch immer wieder in einer starken Migräne endeten. Hier nahm Herr Horn dann bevorzugt ein Triptanpräparat, da er so rasche Besserung erhielt und den Arbeitsalltag überstehen konnte. Allerdings litt Herr Horn nach der Einnahme unter zunehmender Muskelschwäche, die einen vollen Arbeitstag sehr anstrengend machte. An der Wirkung von Ingwer bei Migräne interessiert, begann Herr Horn sich morgens eine Thermoskanne frischen Ingwertee zuzubereiten, den er über den Tag verteilt trank. Selbst kalt schmeckte er ihm noch gut. Bereits im ersten Monat der Einnahme berichtete er über eine Besserung der Kopfschmerzen. Von der ersten Wirkung überzeugt, besorgte er sich zusätzlich Ingwerkapseln (500 mg), da er bei Außenterminen nicht so viel trinken wollte. An Bürotagen fällt ihm das Trinken leichter. Die Migräneanfälle gingen durch die Kombination aus Ingwertee und Kapseln deutlich zurück, und Herr Horn war auch im Außendienst wieder mit Freude bei der Arbeit. Auf die Verwendung von Triptanen konnte er verzichten.

Ingwer so wirksam wie Triptane Im Jahr 2014 wurde in einer Studie Sumatriptan direkt gegen Ingwerpulver im Doppelblindversuch getestet und dabei festgestellt, dass Ingwer genauso effektiv war, ohne jedoch die bekannten Nebenwirkungen. Dabei wurde einmalig eine Dosierung von 250 mg Ingwerpulver eingesetzt, was eher eine niedrige Dosierung darstellt. Die Teilnehmer berichteten, dass die Schmerzen 2 Stunden nach der Einnahme bereits deutlich geringer waren. Neuere Studien setzten auch schon Dosierungen von bis zu 1000 mg ein. Vor allem der Einsatz pflanzlich wirksamer Ingwerkapseln mit der angegebenen Dosierung kann bei der natürlichen Therapie von Migräne wertvolle Dienste leisten. In Deutschland werden jedes Jahr zwei Pflanzen für ihre arzneilichen Wirkweisen gewählt und ausgezeichnet. Die Heilpflanze des Jahres wird seit 1990 ausgerufen und durch den Verein zur Förderung der naturgemäßen Heilweise nach Theophrastus Bombastus von Hohenheim, gen. Paracelsus e.V. (NHV Theophrastus) durch eine Jury gewählt. Ziel ist es, Informationen zu heilenden Wirkungen von Kräutern anhand der ausgewählten Pflanze zu vermitteln und auf deren Bedeutung in der Medizin hinzuweisen. Die Arzneipflanze des Jahres wiederum wird durch den Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde am Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg ernannt. Hier soll die Bedeutung von Pflanzen in der Medizin und ihre pharmakologische Bedeutung hervorgehoben werden. Arzneipflanze des Jahres 2018 ist der Andorn.

Benjamin Hartlieb Staatlich anerkannter Osteopath & Heilpraktiker Pforzheim