Arthrose der Hüfte
Bei Schmerzen im Bereich der Hüfte kann es viele verschiedene Ursachen geben. Häufig spielen Verschleißerscheinungen (Arthrose) zwar eine Rolle, doch nicht immer ist dies auch die eigentliche Ursache für Hüftschmerzen. Es ist ebenso möglich, an Hüftschmerzen zu leiden, ohne dass eine ausgeprägte Arthrose nachzuweisen ist.
Eine mögliche Ursache von Schmerzen im Bereich der Hüfte ist die Schleimbeutelentzündung. Schleimbeutel sind wie kleine Kissen, die zwischen Sehnen, Muskeln und Knochen eingelagert sind und eine Pufferfunktion gegenüber benachbarten Strukturen übernehmen. Durch Überbeanspruchung werden diese Schleimbeutel gereizt und können sich entzünden. Meist geschieht dies an der Außenseite des Oberschenkels.
Andere Erkrankungen wie Gicht oder bakterielle Infektionen können ebenso zu einer schmerzhaften Entzündung der Schleimbeutel führen. Prinzipiell gilt, neu auftretende Beschwerden der Hüfte ärztlich untersuchen zu lassen. Besonders wenn die Symptome plötzlich auftreten und mit starkem Schmerz verbunden sind. Mit bildgebenden Verfahren wie Röntgen, CT oder MRT können eine Vielzahl von Symptomen eingeschätzt und in der Folge richtig diagnostiziert werden. Laboruntersuchungen können die ärztliche Abklärung ergänzen. Wurde die korrekte Diagnose gestellt, werden viele Erkrankungen der Hüfte konservativ behandelt. Physiotherapie oder Medikamente sind hier weit verbreitete Methoden. Bei starken Beschwerden, die mit einem deutlichen Substanzdefekt einhergehen, kommen chirurgische Eingriffe in Betracht. Wenn die Beschwerden in jungen Jahren auftreten spielen Verschleißerscheinungen meist keine entscheidende Rolle. Klagen Kinder über Schmerzen im Bereich der Hüfte handelt es sich dabei oft um den sog. Hüftschnupfen. Dabei entzündet sich die Gelenkkapsel nach einer Grippe oder Erkältung. Dies kann zu Schmerzen und Schonhaltung führen, heilt jedoch meist völlig aus. Nächtliche Schmerzen bei Kindern, die bei genauer Untersuchung keine krankhaften Veränderungen aufweisen, sind meist durch das Wachstum bedingt. Auch bei Kleinkindern kann es zu Störungen der Hüfte kommen.
Die Hüftdysplasie ist eine angeborene oder erworbene Fehlbildung der Hüftgelenkspfanne. Sie tritt bei etwa drei Prozent der Neugeborenen auf und verursacht unbehandelt eine dauerhafte Schädigung von Gelenkpfanne oder Hüftkopf. Im Laufe des Lebens kommt es dann zu Gehveränderungen mit einer gesteigerten Abnutzung des Gelenks. Seit einigen Jahren wird daher im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen bei Neugeborenen nach vier bis sechs Wochen eine Ultraschall-Untersuchung der Hüfte durchgeführt. Im Rahmen der empfohlenen Vorsorgeuntersuchung U3 wird der Reifegrad der Hüfte gemessen und bei Abweichungen frühzeitig therapiert. Durch orthopädische Maßnahmen wie die Spreizhose kann das korrekte Wachstum der Hüfte so gefördert werden.
Die Hüfte ist Partner der Niere
Unsere heutige Lebensweise ist für die Hüftgelenke nicht immer ideal. Sitzende Tätigkeiten führen zu Verkürzungen wichtiger Hüftmuskeln und begünstigen dauerhaft eine Veränderung des Hüftgelenkes. Einer der wichtigsten Muskeln der Hüfte ist der sog. Hüftbeuger (Iliopsoas). Er besteht aus zwei Anteilen, die jeweils vom Beckenknochen und der Lendenwirbelsäule kommen und gemeinsam an der Hüfte befestigt sind. Diese beiden Anteile bilden zusammen eine Art Schiene, auf der sich die Niere bei einer tiefen Einatmung nach unten und beim Ausatmen wieder nach oben bewegt kann. Dieser Muskel ist bei vielen Menschen verkürzt und schränkt dadurch die eigentliche Bewegungsfähigkeit des Hüftgelenkes ein. Durch die relative Nähe des Iliopsoas zur Niere, lässt sich immer wieder auch noch ein Bezug zu Organstörungen herstellen.
Die Niere selbst ist von einem Fettposter umgeben, die das Organ sowohl isoliert als auch schützt. Diese sog. Fettkapsel wird von außen zusätzlich von der Nierenfaszie umhüllt. Bei der Nierenfaszie handelt es sich um eine Hülle aus Bindegewebe, die das Organ umgibt und nach unten in Richtung der Hüfte ausstrahlt. Über diesen Zusammenhang stehen Hüfte und Niere in direktem Austausch. Diese Verbindung ist in der Osteopathie von großer Bedeutung. Bestehende Erkrankungen der Niere oder vergangene Entzündungen können die Nierenloge in ihrer Beweglichkeit einschränken und zu Spannungen der Nierenfaszie führen. Entlang des Faserverlaufs werden diese Einschränkungen dann weitergeleitet und die Hüfte reagiert mit Belastungssymptomen.
Selbst wenn dies nicht die Ursache der Hüftbeschwerden darstellt, wird bei der osteopathischen Untersuchung auch diese anatomische Verbindung berücksichtigt. Statische und biomechanische Einflüsse fordern den Hüftgelenken oft einiges ab. Gewohnheitshaltungen wie zum Beispiel das Übereinanderschlagen der Beine beim Sitzen führen auf Dauer zu einem Ungleichgewicht. Meist gibt es bei dieser Sitzposition eine „Lieblingsseite“, die jedoch eine einseitige Belastung im Hüftgelenk hinterlässt. Veränderungen des Fußgewölbes, Verletzungen der Knie oder auch eine ausgeprägte X-/O-Bein-Stellung können die Hüftgelenke zusätzlich belasten und eine bestehende Symptomatik verstärken. Bei einseitigen Belastungen oder Schmerzen reagiert der Körper unbewusst mit einer Schonhaltung, die sich dann im restlichen Körper ausbreitet.
Symptome im Bereich des Beckens (ISG) oder der Lendenwirbelsäule sind oft die Folge. Erst wenn es dem Körper nicht gelingt, diese Einseitigkeit auszugleichen, können auch andere Regionen wie der Schulter- und Nackenbereich reagieren.
Osteopathie bei Hüftschmerzen
In der osteopathischen Praxis sehen wir regelmäßig Menschen mit Schmerzen im Bereich der Hüfte. Bei Kathrin Fischer (Name geändert) traten die Schmerzen meist bei Beginn der Bewegung auf, wie es bei Arthrosen typisch ist. Es zeigten sich sowohl Schmerzen vom Sitzen in den Stand als auch nach längerer Gehstrecke. Die dreifache Mutter wollte auch nicht mehr mit ihren kleinen Kindern auf dem Boden spielen, da das Aufstehen stets mit stechenden Schmerzen verbunden war. Die Schmerzregion war deutlich auf Höhe der rechten Leiste orientiert.
Bei einer osteopathischen Behandlung wird stets der gesamte Körper in die Untersuchung einbezogen. Muskeln und Bänder verbinden unterschiedliche Körperebenen miteinander und sorgen dafür, dass Störungen in einen anderen Bereich des Körpers ausstrahlen können und dort dann zu Symptomen führen. So begannen wir auch bei Frau Fischer mit einer umfassenden Untersuchung, die nicht nur die Hüfte berücksichtigte, sondern auch andere Körperregionen. Dabei fielen deutliche Spannungen im Unterbauch auf, die bei Druck empfindlich waren. Wir fragten nach der letzten Untersuchung beim Frauenarzt, da auch Erkrankungen der Gebärmutter oder Eierstöcke hier eine Rolle spielen können. Frau Fischer teilte uns mit, dass die letzte gynäkologische Vorsorgeuntersuchung vor wenigen Wochen unauffällig gewesen sei.
Durch drei Geburten es gab außerdem eine Kaiserschnittnarbe und eine schlecht verheilte Blinddarmnarbe. Beide Narben waren empfindlich, obwohl alle Operationen bereits mehrere Jahre zurück lagen. An der Hüfte war lediglich eine leichte und ebenfalls schmerzhafte Bewegungseinschränkung bei Innendrehung vorhanden. Wir konzentrierten uns bei der ersten Behandlung auf die Spannungen im Unterbauch und die beiden Narben. Meist handelt es sich dabei um Verklebungen im Bindegewebe oder um Verwachsungen, die nach Operationen entstehen können.
Bei der zweiten Behandlung nach zwei Wochen war der Schmerz in der Leistengegend bereits deutlich zurückgegangen. Der Unterbauch war weniger druckempfindlich und wir behandelten diesmal zusätzlich auch das Hüftgelenk. Bei Innendrehung der Hüfte war die Bewegung noch eingeschränkt und schmerzhaft. Nach drei weiteren Behandlungen im monatlichen Abstand war Frau Fischer im Alltag schmerzfrei und konnte mit Ihren Kindern wieder auf dem Boden spielen.
Hilfe für die Hüfte
Um unsere Hüftgelenke gesund zu erhalten, ist Bewegung unerlässlich. Bestehendes Übergewicht sollte reduziert werden, um die Gelenke zu entlasten. Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DSGP) empfiehlt insbesondere bei Hüftarthrosen Gymnastik, Schwimmen, Radfahren, Walking und Aqua-Jogging. In Studien wurde festgestellt, dass Knorpel ebenso wie Muskeln in jedem Alter aufgebaut werden können. Voraussetzung dafür ist jedoch ein regelmäßiges Training. Andernfalls geht die Knorpelmasse wieder zurück. Doch nicht nur mit Muskelaufbau können Hüftbeschwerden Linderung erfahren. Vor allem in jungen Jahren ist auch an eine Dehnung zu denken. Der Iliopsoas hat durch die beschriebenen anatomischen Verbindungen hierbei eine zentrale Rolle. Sanfte Dehnungen durch Gymnastik, Yoga oder Pilates helfen, die Hüftgelenke beweglich zu halten.
Benjamin Hartlieb Der Autor ist staatl. anerkannter Osteopath und Heilpraktiker. Er lebt mit seiner Familie seit 2008 in Pforzheim und leitet die PRAXIS HARTLIEB mit den Schwerpunkten Osteopathie und Therapeutischem Reiten. Seine Praxis ist akademische Lehrpraxis der Hochschule Fresenius und Mitglied im Verband der Osteopathen Deutschland e.V
Jahrgang 1982, staatl. anerkannter Osteopath und Heilpraktiker, Mitglied im Verband der Osteopathen Deutschland e.V. Seit 2008 in eigener Praxis in Pforzheim tätig mit den Schwerpunkten Osteopathie, Psychotherapie und pferdegestützte Therapie. Die Praxis ist Lehrpraxis der Hochschule Fresenius.