Die Kraft der Natur

Das Wort Achtsamkeit ist in den zurückliegenden Jahren sehr populär geworden, wobei es jedoch in ihrer ursprünglichen Bedeutung oft nicht korrekt verwendet wird. Denn im Alltag verwendet man den Begriff oft im Sinne von: „aufpassen“ oder „achtgeben“.

Die Kraft der Natur – Achtsamkeitstraining im Wald – Die neue Art der Stressbewältigung

In den Ausgaben vom Dezember 2020 und April 2020 wurde bereits eingehend über das Waldbaden und seine positive Wirkung auf den menschlichen Organismus geschrieben. Dieser Beitrag geht nun näher auf den Aspekt der Achtsamkeit ein und gibt wertvolle Tipps zu Achtsamkeitsübungen im Alltag.

Das Wort Achtsamkeit ist in den zurückliegenden Jahren sehr populär geworden, wobei es jedoch in ihrer ursprünglichen Bedeutung oft nicht korrekt verwendet wird. Denn im Alltag verwendet man den Begriff oft im Sinne von: „aufpassen“ oder „achtgeben“.

Der Begriff Achtsamkeit kommt ursprünglich aus dem Buddhismus. Die von Buddha Shakyamuni gegründete Achtsamkeitslehre wird auch als die „Lehre der 4 Grundlagen der Achtsamkeit“ (Satipatthana Suta) genannt.

Der Begriff “Achtsamkeit” findet seine Wurzeln bereits in der “Achtsamkeitslehre” des Buddhismus.
Der Begriff “Achtsamkeit” findet seine Wurzeln bereits in der “Achtsamkeitslehre” des Buddhismus.

Sie beinhaltet die analytische Betrachtung

des Körpers
der Emotionen/Gefühle
des Geistes/des Intellekts
auf innere und äußere Geistesobjekte

Achtsamkeit (auch Bewusstheit, Vergegenwärtigung) ist die Übung, ganz im Hier und Jetzt zu verweilen, alles Gegenwärtige klar, bewusst und nicht wertend wahrzunehmen. Diese Hinwendung zum momentanen Augenblick erfordert volle Wachheit, ganze Präsenz und eine nicht nachlassende Aufmerksamkeit für alle im Moment auftauchenden körperlichen und geistigen Phänomene.

Als Ende der 70er Jahre die buddhistische Achtsamkeitspraxis Einzug in die westliche Welt hielt, entwickelte der amerikanische Molekularbiologe Prof. Dr. Jon Kabat Zinn ein auf dieser Achtsamkeitslehre basiertes Konzept für Schmerzpatienten, das wissenschaftlich Anerkennung fand und als MBSR –
Mindfulness Based Stress Reduction, also die Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion bekannt wurde. In seiner 1979 gegründeten Stress Reduction Clinic widmete er seine Arbeit Patienten, die als austherapiert galten. Sein 8-wöchiges Achtsamkeitsprogramm zur Stressbewältigung (MBSR) half diesen Menschen, besser mit ihrer Krankheit, mit Stress und ihren Ängsten umzugehen. Dieses Programm setzt sich aus Atemübungen, Körperwahrnehmungsübungen („Bodyscan“), Yoga-Übungen, Meditationen und Achtsamkeitsübungen, wie die achtsame Ausführung alltäglicher Verrichtungen wie Essen, Fortbewegung, Aufräumen, zusammen.
Prof. Dr. Jon Kabat Zinn konnte durch seine Studien nachweisen, dass Achtsamkeitsübungen den körperlichen und seelischen Stress senken. Viele Krankenkassen bezahlen inzwischen Präventionskurse, die z.B. auf diesem MBSR-Prinzip beruhen.

Worauf kommt es nun bei der Achtsamkeitspraxis an?

1. Konzentration/Zentrierung/Verankerung
Zu Beginn einer Achtsamkeitsübung ist es wichtig, die Konzentration auf das „Hier und Jetzt“ zu richten. Denn im Alltag sind wir oft mit unseren Gedanken in der Zukunft oder der Vergangenheit, jedoch nicht im gegenwärtigen Moment.

2. Beobachten/Benennen/Mit den Augen eines Kindes
Wenn wir Achtsamkeitsübungen durchführen, dann sind wir nur Beobachter oder benennen nur etwas. Wir beginnen dann, die Welt/Natur so zu betrachten, als ob wir sie noch nie gesehen hätten, etwa wie ein Kind die Dinge betrachtet: Neugierig, staunend und erforschend, offen für neue Erkenntnisse/Erfahrungen, bereit sich überraschen zu lassen. Betrachtet man die Gedanken und die Gefühle aus einer neutralen Beobachterposition, stellt man fest, dass diese einfach kommen und gehen, so wie Wolken, die am Himmel über uns vorüberziehen.

3. Nicht-Werten/-Bewerten/-Reagieren/Wertneutralität
Im Alltag sind wir gefangen im Schubladendenken. Wenn wir etwas sehen oder betrachten, dann katalogisiert unser Verstand sofort. Indem wir bewerten, begeben wir uns jedoch in das Gefühl hinein, das uns belastet, vergrößern es dadurch und halten es fest.

Bei Achtsamkeitsübungen bleiben wir daher in der neutralen Beobachter-/Betrachter-Rolle. Durch das Annehmen, Anerkennen und Akzeptieren ohne Wertung kann sich so ein Raum öffnen, in dem innere Freiheit entsteht.

Annehmen bedeutet dabei, die Situation, wie sie sich im Augenblick darstellt, wahrzunehmen und in ihrem „Sosein“ zu akzeptieren.
Das heißt aber keineswegs, dass man die Situation gutheißt oder billigt.

4. Nichtidentifikation
Während einer Achtsamkeitsübung nehmen wir Gedanken und Gefühle wahr, ohne sie festzuhalten, denn sonst entstehen Gedankenschleifen/-karussells. Im buddhistischen Zen bezeichnet man diese Gedankenkarussells als „den wahren Affen-Geist“: Er reißt sich alles unter den Nagel, was er kriegen kann, denn es wird ihm sehr schnell langweilig. Integrieren wir die Achtsamkeit in unseren Alltag, so bemerken wir, dass Gedanken kommen und an uns haften wollen. Doch mit etwas Übung, können wir Sie jedoch weiterziehen lassen oder wertneutral betrachten, anstatt ins Grübeln zu verfallen.

5. Akzeptanz
Das bedeutet, die Dinge bedingungslos anzunehmen, wie sie sind.
Reinhold Niebuhr schrieb dazu die bekannte Weisheit:
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

6. Wohlwollen
Praktizieren wir Achtsamkeitsübungen und sind doch für Augenblicke „abgelenkt“ oder haftend an Gedanken, so gehen wir wohlwollend mit uns um, in dem wir dies nur zur Kenntnis nehmen und unsere Achtsamkeitsübung fortführen.

7. Geduld
Wirkliche Geduld zeichnet sich durch das Gefühl der Entspannung aus. So wie wir wissen, dass das Gras nicht schneller wächst, wenn man daran zieht, so leben wir in der Gewissheit, dass alle Dinge ihre Zeit haben.
Wenn wir also Achtsamkeitsübungen immer wieder durchführen, bis Sie für uns zur Gewohnheit werden, können diese wunderbar in den Alltag integriert werden und uns ein stressfreieres Leben und damit auch mehr Lebensqualität schenken.

Achtsamkeit ist eine Art von Energie, die jedem Menschen zur Verfügung steht. Wenn wir sie pflegen, wird sie stark, wenn wir sie nicht üben, verkümmert sie. Achtsamkeit lässt uns erkennen, was im gegenwärtigen Augenblick in uns und um uns herum wirklich geschieht (nach Thich Nhat Hanh).

Achtsamkeit bedeutet damit auch, im Jetzt und hier zu sein und erst einmal alles so anzunehmen, wie wir es vorfinden: Angenehm oder unangenehm, schlecht oder gut, hässlich oder schön…

Daraus entstehen Ruhe, Gelassenheit, innerer Abstand. So kann man aus dem Gedankenkarussell aussteigen und neue Handlungsmöglichkeiten können sich entfalten.

Achtsamkeitsübungen beim Waldbaden
Um zu erleben wie Achtsamkeit sich anfühlt, kommen wir jedoch nicht umhin, sie zu praktizieren! Ähnlich wie beim Erlernen eines Musikinstruments, braucht es Übung. Nur im Erleben kann Achtsamkeit erfahren werden!

Beim absichtslosen Schlendern im Wald, dem klassischen Waldbaden, werden den Teilnehmern Achtsamkeitsübungen angeboten, die man auch in den Alltag vereinfacht integrieren kann.

So wird z.B. aus einer Teezeremonie im Wald, im Alltag eine bewusste Teepause mit Blick in die Natur, oder aus den vielfältigen Sinnesübungen im Wald werden einfache und jederzeit durchführbare Übungen durch die bewusste und achtsame Wahrnehmung über unsere fünf Sinne. Konzentrieren Sie sich dazu 5 Minuten auf nur eine Sinneswahrnehmung:

Das Sehen
Sehen Sie sich einen Gegenstand bewusst und achtsam an. Nehmen Sie alles in sich auf: Die Form, die Farben, die Details. Bei Wolken am Himmel oder fließendem Gewässer: Verfolgen Sie die Bahn, registrieren Sie die Veränderungen in Helligkeit und Farbe.

Das Hören
Vogelgezwitscher, Geräusche im Raum oder von außen. Wie ist die Lautstärke, die Klangqualität, ist es eher monoton und gleichförmig oder wechselnd? Wahrnehmen, nicht bewerten.

Das Riechen
An einem Gegenstand (z.B. Obst oder Blume), Essen, Seife oder draußen in der Natur.

Das Schmecken
Frische Kräuter, ein Bonbon, ein Stück Schokolade, Obst. Das Stück lange im Mund lassen, an den Lippen und am Gaumen fühlen, langsam kauen, schlucken.

Das Fühlen /Spüren
Mit Händen und Füssen berühren, tasten, fühlen. Wie ist die Temperatur, die Beschaffenheit der Oberfläche.

Die Integration von Achtsamkeitsübungen in den Alltag, stellen einen wichtigen Baustein der Stressbewältigung dar. So kann ein Tag in Achtsamkeit aussehen:

Den Tag achtsam beginnen
Wenn sie morgens aufwachen, sollten sie nicht sofort aufstehen, sondern sich erst einmal ausgiebig räkeln und strecken.

Achtsamer Arbeitsbeginn
Bevor Sie mit Ihrer Arbeit beginnen, sollten Sie erst kurz die Augen schließen, ein paar tiefe Atemzüge nehmen, in den Körper kurz hineinspüren und nach ein paar weiteren Atemzügen die Augen wieder öffnen, um nun ganz entspannt die Arbeit zu beginnen.


Achtsamkeit & Meditation entführen Sie aus dem stressbeladenen Alltag wieder zu Ihrem inneren Pendel der Ruhe.

Während des Tages bewusst innehalten
Genießen Sie Ihre Pause ganz bewusst und in Ruhe bei einer Tasse Tee oder Kaffee. Oder schauen Sie während einer Pause aus dem Fenster, in die Natur.

Achtsam essen
Nehmen Sie ihr Mittagessen bewusst zu sich. Schauen Sie sich Ihr Gericht an und schmecken Sie das Mahl ganz bewusst.


Achtsam essen: Wieder ein Bewusstsein und eine Wahrnehmung für das entwickeln was wir zu uns nehmen – schärft den eigenen Geschmack und erhöht den Genuss.

Bei Achtsamkeitsübungen spielt die Atmung eine wichtige Rolle, denn sie ist ein wichtiger Bestandteil bei der Entspannung. Sobald wir bewusst ein paar Mal tief ein- und ausatmen, werden wir uns unserer Atmung überhaupt wieder bewusst, der Atem wird langsamer, der Puls wird langsamer, der Körper wird mit mehr Sauerstoff versorgt und wir kommen zur Ruhe.

Atemübung zum Loslassen – für Zwischendurch
Einatmen ist die Konzentration nach innen, auf das eigene ICH – es zeigt auch das Festhalten und das Haben wollen.

Wenn wir ausatmen geben wir etwas von uns ab. Daher können wir alles, was wir loslassen wollen, was belastet, ausatmen.

Eine gute Übung zum Loslassen ist es, stets länger auszuatmen als einzuatmen.

Eine einfache Achtsamkeitsmeditation
Setzen Sie sich und nehmen eine bequeme Position ein. Richten Sie ihre Wirbelsäule auf und stellen sie sich vor, dass die einzelnen Wirbel wie eine Kette an einem Faden aneinandergereiht sind, wobei der Kopf ganz oben thront mit dem Kinn leicht in Richtung Brust. Der Mund ist leicht geöffnet, Sie lächeln, weil somit auch die Gesichtsmuskulatur entspannt ist. Ihre Hände ruhen locker auf den Oberschenkeln. Atmen Sie nun drei Mal tief durch, um so für Entspannung zu sorgen. Schließen Sie ihre Augen und atmen Sie ganz natürlich weiter und richten Ihre Aufmerksamkeit auf den Atem. Legen Sie dabei ihre rechte Hand auf den Bauch und spüren nach, wie sich der Bauch beim Einatmen nach vorne wölbt und beim Ausatmen wieder zurückzieht. Sollten Sie während dieser Übung durch ein Geräusch, einen Gedanken oder ein Gefühl abgelenkt werden, so nehmen Sie dies gleichmütig und wohlwollend zur Kenntnis und kehren mit ihrer Aufmerksamkeit zurück zu ihrer Atmung. Nach einer Weile beenden Sie diese Übung und öffnen wieder Ihre Augen.

Damit wir all diese Elemente in unser tägliches Leben einbauen und immer wieder bewusst praktizieren, ist es ratsam, aktiv in der Natur, im Wald allein oder in der Gruppe zu sein. Erwiesenermaßen gibt uns der Aufenthalt im Grünen Energie und Kraft.
Die Farbe Grün gilt in der medizinischen Farbtherapie, als diejenige, die den Rhythmus von Herz und Nieren ausbalanciert und entzündungshemmend wirkt. Sie wird auch bei Augenermüdung, Allergien und Magenge-schwüren sowie bei Anzeichen vorzeitigen Alterns eingesetzt. Grün generiert und lässt Kräfte sammeln. Das Grün stärkt das Auge, beruhigt, harmonisiert und schenkt Gelassenheit. Somit gilt Grün als wichtige Heilfarbe.

Nutzen wir also die Kraft der Natur und stärken wir uns, um die täglichen Herausforderungen in unserem Leben positiv angehen zu können.