Zur Geschichte
Ende des 19. Jahrhunderts wurde von dem Oldenburger Arzt und Homöopath Dr. Wilhelm Schüßler die Behandlungsmethode der Biochemie entwickelt. Sein Hauptwerk „Eine abgekürzte Therapie“ gegründet auf Histologie und Cellularpathologie wurde im März des Jahres 1873 veröffentlicht. Gerade einmal 16 Seiten umfasste der Artikel, der die gesamten Grundzüge seiner Lehre umfasste.
Er sah seine Therapie als eine Art Verbindung zwischen der naturwissenschaftlichen Medizin und der Homöopathie an. Schüßler ging von der Annahme aus, dass ein gesunder Körper einen ausgeglichenen Mineralstoff-Haushalt benötigt. Er folgerte daraus, dass ein gestörtes Gleichgewicht der Mineralstoffe körperliche Beschwerden und Krankheiten zur Folge haben.
Durch die homöopathische Gabe der von ihm gefundenen Mineralsalze sollen die Zellen angeregt werden und so den Mineralstoff-Haushalt wieder ins Gleichgewicht bringen. Ziel der Behandlung mit den Mineralsalzen ist die Normalisierung der Zellfunktion und somit eine Anregung der Selbstheilungskräfte.
Mit den begrenzten und unzulänglichen Analysemethoden seiner Zeit konnte Schüßler zu seinen Lebzeiten nur eine begrenzte Anzahl von Mineralstoffen im menschlichen Körper identifizieren, die als Mengenelemente bezeichnet werden. Erst nach Schüßlers Tod im Jahre 1898 konnten durch verbesserte Verfahren in der Analyse weitere Mineralstoffverbindungen im Körper gefunden werden, die in wesentlich geringerer Dosis vorhanden sind, aber dennoch für die Funktionsfähigkeit und Gesundheit des menschlichen Körpers eine große Rolle spielen. Diese werden auch als Spurenelemente bezeichnet. Bei der Identifizierung der im menschlichen Körper gefundenen Spurenelemente seien namentlich besonders Karl Albert Gottfried Reiff (der unmittelbare Nachfolger Schüßlers in dessen Oldenburger Praxis), der Therapeut Dietmar Schöpwinkel sowie der Arzt und Erfinder Hans Unglehrt erwähnt.
Grundsätzliche Einteilung
Aus den oben beschriebenen Erkenntnissen und Forschungsergebnissen ergibt sich eine sehr wesentliche Einteilung der Mineralsalze:
Grundsalze beziehen sich auf die Mengenelemente
Ergänzungssalze beziehen sich auf die Spurenelemente
Die Kurzportraits Heute werden mehrheitlich die folgenden 15 Ergänzungssalze betrachtet.
Was sind Ergänzungssalze?
Der Begriff Ergänzungssalze ist eigentlich etwas irreführend. Die zusätzlichen Mineralstoffverbindungen sind in ihrer Bedeutung keinesfalls geringer als die Grundsalze. Ihr Vorkommen im Körper ist zwar außerordentlich gering, was aber nichts über ihre Wirksamkeit aussagt.
Im Gegenteil: Diese Verbindungen erscheinen von großer Bedeutung zu sein. Allerdings sind, auch heute noch, nicht alle Ergänzungssalze ausreichend erforscht, für manche von ihnen stehen bisher wenig Erfahrungen zur Verfügung. Man spürt bei einzelnen Ergänzungssalzen, dass sie eher aus der Homöopathie kommen, vor allem wenn man die traditionellen Anwendungsgebiete betrachtet.
Allerdings zeigt sich bei allen „neuen“ Mineralstoffverbindungen, dass sie durchaus eine Berechtigung haben, in der Reihe der biochemischen Mittel mit aufgeführt zu werden.
Zum Einsatz
Im Unterschied zu den zwölf Grundsalzen kommen die Ergänzungssalze vor allem bei hartnäckigen, chronischen Erkrankungen zum Einsatz. Für zahlreiche Erkrankungen, vor allem bei akuten Beschwerden, sind die Grundsalze in der Regel ausreichend. Darüber hinaus werden in der SchüßlerTherapie die Ergänzungssalze oft dann eingesetzt, wenn der Einsatz der Grundsalze nicht die gewünschte Wirkung zeigt. Dabei werden die Ergänzungssalze wegen ihrer unterstützenden Wirkung meistens zusammen mit den Grundsalzen verabreicht. Sie können im Einzelfall aber auch separat genommen werden.
Angelika Gräfin Wolffskeel von Reichenberg, die als Heilpraktikerin und Buchautorin tätig ist, beschreibt ihren Einsatz der Ergänzungssalze folgendermaßen: „Aus meiner Erfahrung erweist sich die Anwendung der 12 Schüßler’schen Mineralsalze als ausreichend. Die Ergänzungssalze stellen jedoch eine wertvolle Unterstützung dar, wenn unter der bisherigen Behandlung mit den Mineralsalzen Nr. 1 bis Nr. 12 keine entscheidende Besserung im Empfinden eingetreten ist.“
Die Anwendung, Dosierung & Einsatzdauer
Die Ergänzungssalze werden wegen ihrem deutlich geringeren Vorkommen im Körper (einige Mikrogramm) in geringeren Dosen verabreicht, als es bei den zwölf Grundsalzen (Gramm bis Kilogramm) der Fall ist. Es werden maximal 2 – 3 Tabletten pro Tag gegeben, während man von den 12 Grundsalzen im chronischen/prophylaktischen Bereich 6 – 8 Tabletten gibt und im Akutfall sogar alle 5 Minuten eine Tablette einnimmt. Die typische Potenz ist D12.
Wegen der Stoffwechsel stärkenden Wirkung können die Ergänzungssalze N°17 + 21 + 22 + 23 über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Bei allen anderen sollte man nur eine niedrige Dosierung über eine begrenzte Anwendungsdauer verabreichen, da es bei falscher Dosierung zu Vergiftungserscheinungen kommen kann.
Einige Anwendungsbeispiele
Wenn Sie die Ergänzungssalze nun besser kennen lernen und ausprobieren wollen, dann nehmen Sie diese am besten als Kur bei Immunschwäche, körperlicher Schwäche oder Nervosität. Die Metallkur dient zur Stärkung des Immunsystems: N°3 + 17 + 19 + 21. Gegen körperliche Schwäche hat sich die folgende Kur bewährt: N°19 + 22 + 24. Bei nervöser Gereiztheit sei folgende Kur empfohlen: N°14 + 15 + 16 + 21. Alle Salze werden in der Verdünnung D12 gegeben. Bei jeder Kur werden je 5 Tabletten über den Tag verteilt für drei Wochen eingenommen.
Merkregel Je bedeutungsvoller ein Stoff für den Körper ist, umso wichtiger ist die Berücksichtigung der angemessenen Dosierung. Das lässt sich sehr gut am Kalium jodatum (N°15), sehen. Es hat für Menschen, die sehr weit entfernt vom Meer leben, eine große Bedeutung. Wird denjenigen, die unter dem Mangel leiden, zu viel von diesem Mineralstoff gegeben, erleiden sie Vergiftungserscheinungen. Erst eine angemessene Dosis in einer sehr verdünnten Zubereitung ist dem Organismus zugänglich.
Die Diagnose
Allgemein erfordern die Ergänzungssalze eine genaue Anamnese und ein genaues Betrachten der einzelnen Salze. Die Ergänzungssalze sind Hochleistungsele mente, die einen sorgsamen Umgang erfordern, wie bereits vorher aufgezeigt worden ist. Im Zweifelsfall sollten Sie sich immer die Meinung eines erfahrenen Experten zu diesem Thema einholen.
Als sehr hilfreich hat sich (wie bei den Grundsalzen) die Antlitzdiagnose erwiesen: Schon kleinere Störungen und Mangelzustände von Mineralsalzen hinterlassen Spuren im Antlitz. Eine Diagnosestellung ist anhand dieser Zeichen nicht möglich. Gewisse Veränderungen wie Verfärbungen, Falten oder eine verminderte Hautspannung können jedoch Hinweise auf ein benötigtes Mineralsalz geben.
Die Auswahl des richtigen Mittels sollte nicht nur aufgrund der Antlitzanalyse erfolgen. Sie dient vielmehr der Absicherung der Auswahl der eingesetzten Salze und kann dabei helfen, kein Mittel zu übersehen.
Ein paar kritische Bemerkungen Zu Lebzeiten Schüßlers war zwar die große Bedeutung von Jod, Kupfer und Zink und anderen Mineralstoffen für den Körper nur zum Teil bekannt gewesen. Das Kalium jodatum (N°15) aber gehörte zu den am meisten verschriebenen Arzneien des 19. Jahrhunderts, nachdem die belebende Wirkung von Jod für den menschlichen Körper bekannt geworden war. Als Homöopath hat Schüßler Kalium jodatum zweifellos gekannt, jedoch nicht der Aufnahme in die Liste seiner Salze für würdig befunden. Warum das so war, kann heute nur noch vermutet werden.
Aus heutiger Sicht ist die Vernachlässigung dieses wichtigsten Ergänzungssalzes ein klares Versäumnis. Dies erkannt zu haben, ist das Verdienst Schöpwinkels. Warum er andererseits Alaun, eine im alten Ägypten zur Konservierung von Leichen genutzte Substanz, als N° 20 Kalium aluminium sulfuricum definierte, ist weniger einsichtig. Es handelt sich hier um eine sehr scharfe Arznei, die im Körper naturgemäß nicht vorkommt und deshalb streng genommen auch nicht als Schüßler-Salz bezeichnet werden dürfte.
Die Aufstellung der Salze entspricht keiner klaren inneren Logik. N° 24 kann als Kombination von N° 13 + 15 gesehen werden, N° 18 unterscheidet sich nur unwesentlich von N° 12 und N° 23 nur gering von N° 9. In vielen Fällen können die Ergänzungssalze aber trotzdem eingesetzt werden, wenn man mit den ersten zwölf Salzen keinen oder wenig Erfolg gehabt hat. Ein gutes Beispiel dafür ist die N° 19 Cuprum arsenicosum. Kupfer wird vor allem in der Leber gespeichert, ist dort an zahlreichen Stoffwechselvorgängen beteiligt und kann deshalb die Wirkung der N° 6, dem klassischen „Lebersalz“, verstärken.
Eine abschließende Beurteilung Ob die Ergänzungssalze nach Dr. Schüßler notwendig sind oder nicht, darüber scheiden sich die Meinungen: Die einen halten sie für durchaus entbehrlich, die anderen möchten nicht darauf verzichten, weil sie das Behandlungsspektrum doch sehr bereichern. So zum Beispiel zur Kropfbehandlung in Jodmangelgebieten wie Süddeutschland oder der Schweiz. Oder zur Behebung eines Zinkmangels, dessen Bedeutung erst in den letzten Jahren deutlich wurde.
Die Ergänzungssalze erweitern die Anwendungsmöglichkeiten der zwölf Grundsalze, wenn bei deren Einnahme keine Besserung der Störung eintritt. Bei chronischen Beschwerden hat sich der Einsatz der Ergänzungssalze auf jeden Fall schon sehr bewährt.
Wichtiger Hinweis Diese beschriebenen Anwendungen können eine fachmedizinische Behandlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker nicht ersetzen.
geboren 1961, derzeit tätig bei der SAP SE in Walldorf als Software-Entwickler. Ausbildung zum Gesundheits- und Naturheilkundeberater (ENB) in 2016.