Einseitige Bewegung
Der Astronaut landet mit dem Space Shuttle, nach 6 Monaten im Weltall, glücklich auf der Erde. Die Tür öffnet sich und der Astronaut springt voller Freude aus dem Raumschiff. Wirklich? Nein! In der Schwerelosigkeit beanspruchte der Astronaut kaum Muskeln, sein Körper passte sich exakt an und baute die unnötigen Muskeln ab. Er konnte nach dem Aufenthalt im Weltall das Space Shuttle mit eigener Kraft nicht verlassen, da seine Muskulatur für die Erdanziehungskraft zu schwach geworden war. Worauf ich hinaus möchte ist: Unser Körper ist ein Anpassungswunder und fügt sich perfekt den Anforderungen, die wir ihm geben, an. Auf unseren modernen Lebensstil bezogen, der viele Vorteile mit sich bringt, ergibt sich somit ein großer Nachteil. Unser Alltag ist extrem nach „innen“ gerichtet und dadurch einseitig. Größtenteils spielt sich unser Alltag in einem kleinen, immer gleichbleibenden Bewegungsradius ab: Autofahren, Computerarbeit, Kochen, Handy, Rasen mähen usw. Die meiste Zeit benutzten wir unsere Arme direkt vor unserem Körper. Wenn wir uns aber ins Gedächtnis rufen, wie beweglich eine gesunde Schulter sein kann, dämmert es uns. Die Faszien der Schulter, Brust und Arme werden nicht mehr flexibel benutzt und unser Körper passt sich wie beim Astronaut an und lässt Faszien verkleben, verkürzen und verhärten. Mangelnde Bewegung ist gewiss ein Thema, einseitige Bewegung aus meiner Sicht ein noch viel größeres.
Narben infolge einer Operation
Wir haben Faszien als feine Häute, die sich in mehreren übereinanderliegenden Schichten durch unseren Körper ziehen, kennengelernt. Eine Operationsnarbe kann der natürlichen Bewegung dieser Gewebsschichten entgegenstehen und hemmen. Eine Narbe verbindet dann mehrere Faszienschichten miteinander und verhindert das aneinander Gleiten jener Strukturen. Eine Narbe kann durchaus mit den Jahren immer dicker und wulstiger werden. Prinzipiell lässt sich sagen, dass Narbengewebe gesundes Gewebe frisst. Nerven, Rezeptoren und Nervenenden verkleben sich mit der Narbe und erzeugen Schmerz, Taubheitsgefühl, Stechen, Brennen und Ausstrahlen. Deshalb ist es enorm wichtig, diese Zeichen zu erkennen und „krankhafte Narben“ zu entstören.
Indirekte Spannung
Was daraus resultiert, nenne ich „indirekte Spannung“. Die Faszien von Schultern, Armen und Brustmuskeln haben sich durch einseitige Bewegung angepasst, sind verklebt und verhärtet. Die Narben hemmen somit die Gleitfähigkeit und Länge von Faszien. Jetzt üben diese Strukturen einen kaum wahrnehmbaren Zug aus. Kopf und Schultern schieben sich nach vorne und setzten die Rücken- und Nackenmuskulatur indirekt unter Spannung. Dies können Sie ganz leicht an sich selbst testen: Setzen Sie sich aufrecht hin. Lassen Sie ihren rechten Arm entspannt neben sich hängen. Tippen Sie nun mit der linken Hand leicht auf ihre Nackenmuskulatur und spüren Sie wie hart und schmerzhaft dieser Muskel ist. Schieben Sie nun ihre Schulter nach vorne und spüren noch einmal den gleichen Muskel. Fühlt er sich härter und schmerzhafter an? Jetzt schieben Sie ihre Schultern so weit nach hinten wie Sie können. Wie sieht es jetzt aus? Ist der Muskel weicher und weniger schmerzhaft? Wie erklärt sich dieses Phänomen?
Ich erkläre dies meinen Klienten gerne an dem Beispiel von Pfeil und Bogen. Der Bogen wird durch die Sehne unter Spannung gesetzt und ermöglicht es, einen Pfeil abzuschießen. Je kürzer die Sehne aber wird, desto mehr Spannung baut sich im Bogen auf, die ihn sogar zum Zerbersten bringen kann. Hat die Sehne viel Länge und wenig Spannung, dann entspannt sich der Bogen automatisch. In unserem Körper brauchen wir ein gesundes Maß an Spannung. Sie richtet uns auf und ermöglicht eine aufrechte Körperhaltung. Kippt diese jedoch und einseitige Spannung entsteht, wird unser Körper versuchen, dies zu kompensieren und andere, nicht beteiligte Muskeln spannen sich indirekt an. In der Fachsprache wird dieser Vorgang als exzentrische Überladung bezeichnet, die dazu führt, dass ein Muskel unter Spannung arbeitet und überlastet wird. Vielleicht kennen Sie die üblichen Sprüche: „Sitz gerade!“ oder „Mach Dich nicht so krumm!“. Wir versuchen dann unser Bestes, brauchen aber extrem viel Muskelkraft im Rücken, um halbwegs gerade zu stehen. Am Ende vom Tag schmerzen genau diese Muskeln, sind müde und überlastet. Der Grund dafür sind verklebte und angespannte Muskeln, die uns in unsere gewohnte Körperhaltung zwingen und uns dort verharren lassen.
4 Phasen
Aus Meiner Sicht gibt es 4 Phasen von verklebten Faszien, und die jeweils passende Möglichkeit Faszien zu lösen.
Phase 1: Leichte Verklebungen, die sich nur in einer kleinen Bewegungseinschränkung bemerkbar machen. Sie erzeugen wenig bis kaum Schmerzen. Hier hilft eine regelmäßige sportliche Betätigung wie: Schwimmen, Joggen, Gymnastik oder Hanteltraining.
Phase 2: Verklebungen schränken die Beweglichkeit ein und erzeugen regelmäßig Schmerzen. Hier hilft: Yoga, Dehnen, Faszientraining oder das Benutzen von Faszienrollen.
Phase 3: Verklebungen, die sich über mehrere Jahre angesammelt haben und jeden Tag Schmerzen erzeugen. Die Körperhaltung ist deutlich beeinträchtigt und der Gang wirkt steif. Hier hilft eine Faszientherapie oder Bindegewebsmassage sehr gut. Die verklebten Faszien oder Narben werden manuell gelöst und gelockert. Die Körperhaltung verändert sich positiv, der Gang wird wieder geschmeidiger und Schmerzen lösen sich Schritt für Schritt auf.
Phase 4: In dieser letzten Phase schlagen selbst manuelle Methoden nicht mehr an. Schmerzen sind kaum noch auszuhalten. Die verhärteten Faszien klemmen beispielsweise Nerven ein. Hier ist in den meisten Fällen eine Operation der letzte Ausweg. In einer Operation werden diese festen Gewebsschichten entfernt und Nerven freigelegt, sodass sie ihre normale Funktion wieder aufnehmen können.
Beispiel aus meiner Arbeit Wie Sie im vorangegangen Abschnitt gesehen haben, setzten die verklebten Faszien von Armen, Schultern und Brustmuskeln unsere Nacken- und Rückenmuskulatur unter Spannung. Jetzt fängt dieser Muskel an zu brennen, verkrampft sich und schmerzt. Unsere Schlafqualität leidet und wir bekommen evtl. noch Kopfschmerzen oder Migräne. Nun gehen wir zum Arzt, Physiotherapeuten oder lassen uns massieren. In den meisten Fällen behandelt der Fachmann dann auch genau die Region, die wir als schmerzhaft angegeben haben. Infolge der Behandlung reduziert sich der Schmerz, häufig jedoch nur kurzfristig. Der Nacken ist nach einer Woche wieder steinhart, brennt und schmerzt.
Um eine langfristige Entspannung und Entlastung sicherzustellen, kommen wir aus meiner Sicht nicht drum herum, den „Blick“ zu erweitern und zu schauen, welche Strukturen setzten die schmerzhaften Muskeln unter Spannung. Um dies zu verdeutlichen, zeige ich Ihnen ein Bild aus der Arbeit mit einem Klienten. Er litt unter Schulter und Nackenschmerzen. Nach 3 Sitzungen und 4 Wochen später veränderte sich seine Körperhaltung massiv und seine Schmerzen linderten sich zu 90%. Auf der rechten Seite ist deutlich zu erkennen wie sein Hohlkreuz harmonischer und weniger ausgeprägt ist. Der Kopf ist ein Stück nach hinten gekommen. Die Schultern haben sich nach hinten und nach unten verschoben. Er wirkt ein Stück größer und selbstbewusster. Ich habe mich bei diesem Klienten hauptsächlich auf die frontalen Strukturen konzentriert und sie behandelt. (Brustmuskulatur, Brustkorb, Zwerchfell, Hals, Arme und Hüftbeuger) Das Ergebnis ist, dass der Körper seine natürliche Mitte wiedergefunden und sich neu ausgerichtet hat. Das aufrechte Stehen und gerade Sitzen fällt wieder leicht. Die Beweglichkeit steigt. Der Klient kämpft nicht mehr gegen seine „Handbremsen“ im Körper an und richtet sich ganz natürlich auf. Die Muskeln werden entlastet und die Spannung im gesamten System harmonisiert sich. Ein Gefühl von Leichtigkeit stellt sich ein und Schmerzen bauen sich ab.
Daniel Otmar Jahrgang 1982, ist Faszientherapeut und Mentaltrainer. Geprägt durch seinen eigenen Leidensweg mit jahrelangen Rücken- und Nackenschmerzen, lernte er auf seinem Weg der Heilung viele Mentoren zu den Themen Nährstoffe, Mentaltraining und Faszien kennen. Er ließ sich von Ihnen ausbilden, konnte seine Schmerzen hinter sich lassen und hilft nun Menschen mit Schmerzen, Haltungsproblemen und mentalen Blockaden.
Jahrgang 1982, ist Faszientherapeut und Mentaltrainer. Geprägt durch seinen eigenen Leidensweg mit jahrelangen Rücken- und Nackenschmerzen, lernte er auf seinem Weg der Heilung viele Mentoren zu den Themen Nährstoffe, Mentaltraining und Faszien kennen. Er ließ sich von ihnen ausbilden, konnte seine Schmerzen hinter sich lassen und hilft nun Menschen mit Schmerzen, Haltungsproblemen und mentalen Blockaden.