Musik und Gesundheit Warum Musizieren keine Frage des Alters ist

Mit Musik geht alles besser – auch das Älterwerden. Davon ist Walter Seitz überzeugt. In seiner Musikschule unterrichtet er zurzeit etwa 50 Schülerinnen und Schüler, darunter auch viele Senioren. Eine Altersgrenze gibt es nicht. Der älteste Schüler hat letztes Jahr im Alter von 89 Jahren angefangen. Er hatte keinerlei Vorkenntnisse und spielt begeistert Handharmonika. „Das Angebot unserer Musikschule richtet sich an alle von 4 – 99 Jahren. In den vielen Jahren meines Berufslebens fiel mir immer wieder auf, dass Eltern und Großeltern, die ihre Sprösslinge zum Musikunterricht brachten, insgeheim auch gerne selbst ein Instrument spielen würden. Wenn ich sie persönlich darauf ansprach, kam oftmals die Antwort, dass früher kein Geld für Musikausbildung da war und es jetzt im Alter doch sowieso zu spät sei“, berichtet Walter Seitz. In den meisten Fällen sind fehlende Notenkenntnisse und grundsätzliches Misstrauen in die eigenen Fähigkeiten ausschlaggebend, dass der lang gehegte Wunsch, ein Instrument zu lernen, nicht Wirklichkeit wird. Man müsste Klavier spielen können Was die meisten aber nicht wissen, ist, dass es durchaus Instrumente und Lernmethoden gibt, die keinerlei Vor- und Notenkenntnisse verlangen und schon nach ein wenig Übung in den ersten Unterrichtsstunden Erfolgserlebnisse bescheren. „Mein Vorschlag, doch einmal eine Schnupperstunde auszuprobieren, war fast immer erfolgreich. Heute unterrichte ich auch viele Kinder gemeinsam mit ihren Eltern oder Großeltern.“, erzählt Walter Seitz. Das gemeinsame Musizieren sorgt dabei bei allen Generationen für Begeisterung. Es sind augenscheinlich die individuellen und außergewöhnlichen Unterrichtskonzepte, die die Musikschule im Pforzheimer MIRASAL zu einem Anlaufpunkt für sämtliche Ziel- und Altersgruppen macht. Musik in der Salzgrotte So war es auch kein Zufall, als im Frühjahr 2014 die Idee aufkam, für den Naturheilverein Pforzheim eine Musik- und Gesundheitsschule zu installieren. Peter Emmrich und Ilona Kanikowski regten an, das Ganze mit einer Salzgrotte zu verbinden. Als im Ärztehaus von Peter Emmrich die geeigneten Räumlichkeiten frei wurden, war ein neues Projekt geboren. Mittlerweile ist daraus eine feste Institution und Ergänzung zum großen Angebot des Naturheilvereins geworden. Viele Schüler der Musikschule kombinieren den Unterricht mit einem Grottengang danach.

Musik und Gesundheit – wie geht das zusammen?

Für Mediziner liegt der Zusammenhang von Musik und Gesundheit schon lange auf der Hand. Die Mundharmonika zum Beispiel ist ein wahres Gesundheitsinstrument. Lungenfachärzte empfehlen Patienten, ein Blasinstrument zur Stärkung der Atemmuskulatur zu erlernen. Wie bei keinem anderen Instrument bläst oder zieht man die Töne bei gleichmäßigem Atem. Bei vielen Schülern mit Atem- oder Asthmaproblemen hat sich eine erhebliche Verbesserung der Lungenkapazität herausgestellt. Dazu kommt natürlich ein Stück gewonnene Lebensfreude durch das Spielen bekannter Melodien.

Mundharmonika wird ohne Noten mithilfe eines Zahlensystems erlernt und ist mit 20 Euro in der Anschaffung sehr günstig zum Ausprobieren.

Handharmonika:

Tuning für die Gehirnzellen Auch ohne Noten, dafür mit einem speziellen Zahlenlernsystem wird die Handharmonika unterrichtet. Die kleine Schwester des Akkordeons, die lange Zeit in Vergessenheit geraten war, ist jetzt wieder populär wie nie – vermutlich auch, weil sie aufgrund ihres Leichtgewichts (2,5 kg) und ihren kompakten Maßen in jeden Rucksack passt. Bei der Handharmonika fühlt man wie bei keinem anderen Instrument, wie die Gehirnhälften zusammenarbeiten. Da zeigt sich einmal mehr, wie Musik gleichzeitig auch Gehirnjogging sein kann.

Klavier- oder Gitarrespielen:

ein Kindheitswunsch Klavierspielen ist kein Hexenwerk; jedenfalls nicht mit den heutigen Methoden. Um das Notenlernen kommt man allerdings nicht herum. Ganz nebenbei erlernt man die Theorie und kann auch schon nach einer Stunde die ersten Stücke spielen. Beim “Schnupperkurs Gitarre” lassen sich schnell einige Griffe erlernen, mit denen man viele bekannte Lieder begleiten kann. Diese sollen gerade auch zum Mitsingen anregen. Denn singen entspannt, tut der Seele gut und sorgt für bessere Lebensqualität.

Trommeln bis der Arzt kommt

Wer Spaß an Rhythmus hat, kann einen Trommelkurs besuchen, sich so richtig auspowern und Aggressionen loswerden. Auch hier bedarf es keinerlei Vorkenntnisse.

Heilsames Singen in der Grotte

Beim gemeinsamen Singen von deutschen Volksliedern und dem gesunden Klima der Salzgrotte findet man schnell zur Entspannung. Das heilsame Singen (RelaxSing) zeichnet sich speziell dadurch aus, dass internationale Kraft- und Heillieder so lange gesungen werden, bis eine wohltuende Wirkung einsetzt. Jeder, der Freude am Singen hat darf mitmachen.

Welches Instrument ist für mich geeignet?

Am besten findet man das heraus, indem man einen Schnupperkurs besucht. Das Instrument bekommt man als Leihgabe mit nach Hause (ausgenommen: Mundharmonika). Was tue ich für meine Gesundheit? Entspannungsübungen wie Fingeryoga, Atemübungen oder japanisches Heilströmen fließen bei allen Unterrichtsfächern mit ein. Sie gehören dazu, um entspannt und mit Freude musizieren zu können. Zusätzlich gibt es ein spezielles Atemtraining für Mundharmonika und Atemtechniken für das Singen zum Gitarrenspiel.

Zehn kuriose Fakten über Musik

Das Herz hört auf Musik

Musik verbessert bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung die Gefäßfunktion. 30 Minuten Musik zu hören, ist nach Ansicht einer Studie schon genug, allerdings müsste diese den Herzpatienten gefallen. Auch klassische Musik lässt die Herzfrequenz sinken. Barockmusik von Johann Sebastian Bach wirkte schon nach zehn Sekunden auf Puls und Blutdruck. Diesen Effekt konnten Wissenschaftler selbst bei einem Experiment mit Schweinen nachweisen.

Musik verbindet

Autistische Kinder, die an seinem Institut zusammen mit normal entwickelten Kindern sangen oder Instrumente spielten, lernten schneller sprechen und soziale Kontakte knüpfen. Mit anderen Musik zu machen aktiviert im Gehirn die sogenannten Spiegelneuronen.

Musik für die Allerkleinsten

Sogar noch kaum ausgeformte Gehirne von Frühchen reagieren schon auf Musik. „Vor allem Stücke von Mozart, in denen ähnliche Melodien immer wieder auftauchen, scheinen das Großhirn zu beruhigen“, sagt Dr. Dror Mandel vom Tel Aviv Medical Center in Israel. Mit seinem Kollegen Dr. Ronit Lubetzky hat er diesen „Mozart Effekt“ (Mozart-Effekt? Angeblich verbessert seine Sonate KV 448 das räumliche Denken. Stimmt nicht, fand man an der Universität Wien heraus.) erforscht. Und tatsächlich nahmen Frühchen, die täglich 30 Minuten Mozart hörten, schneller zu und waren besser vor Infektionen und Entwicklungsstörungen geschützt.

Musik und Seele

Wer sich lustlos, demotiviert und schlapp fühlt, dem empfiehlt Professor Hans-Joachim Trappe von der Ruhr-Universität Bochum die Kantate „Schmücke dich, o liebe Seele“ von Johann Sebastian Bach oder die Arie „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ aus der „Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Fans moderner Musik sollten temporeiche Stücke mit einer klaren Sopranstimme wählen, z. B. „Heart & Shoulder“ von Heather Nova.

Musik – Heilung fürs Gehirn

Musik regt die sogenannte Neuroplastizität an, also die Fähigkeit des Gehirns, ein Leben lang seine Strukturen ändern zu können. Wichtig ist das zum Beispiel für Menschen, deren Gehirn Schaden genommen hat, etwa nach einem Schlaganfall oder Hirntumor. Dank der Neuroplastizität können gesunde Regionen im Gehirn häufig die Funktionen der geschädigten Areale übernehmen. Die Nervenzellen und Nervenzellbahnen suchen sich dabei einfach andere Wege und verbinden sich neu. Musik und Seele Wer sich lustlos, demotiviert und schlapp fühlt, dem empfiehlt Professor Hans-Joachim Trappe von der Ruhr-Universität Bochum die Kantate „Schmücke dich, o liebe Seele“ von Johann Sebastian Bach oder die Arie „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ aus der „Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Fans moderner Musik sollten temporeiche Stücke mit einer klaren Sopranstimme wählen, z. B. „Heart & Shoulder“ von Heather Nova.

Musiktherapie nach Hirnschlag

Fällt Patienten nach einem Hirnschlag das Gehen schwer, hilft die sogenannte rhythmische auditive Stimulation, kurz RAS (Die RAS-Therapie gibt z. B. gelähmten Patienten einen Takt vor, der festlegt, wann und wie schnell sie gehen sollen. Das steigert den Behandlungserfolg.), belegt eine neue Analyse der renommierten Coch rane Collaboration. Die Musiktherapie verbessert gleich mehrere Gangparameter wie Geschwindigkeit, Schritttakt oder Schrittlänge.

Musik und Tinnitus

Mehr als 400 Betroffene nahmen bereits am „Heidelberger Modell“ teil, einer Studie zu Musik und Tinnitus. Bei 80 bis 90 Prozent der Teilnehmer besserte sich der Tinnitus deutlich oder verschwand völlig. „Wir gehen davon aus, dass ein Tinnitus durch eine fehlerhafte Informationsverarbeitung im Gehirn entsteht“, erläutert Professor Argstatter. „Musikhören führt zu einer Hörverbesserung und einer neuronalen Reogarnisation im auditorischen Kortex.“

Musik und Erste Hilfe

Im Notfall kann eine Herzmassage Leben retten. Nur welcher Takt ist der richtige? Tipp der American Heart Association: Der 70erJahre-Disco-Hit „Stayin’ Alive“ von den Bee Gees hat den optimalen Rhythmus, um Menschen mit Herzstillstand wiederzubeleben. Seine 103 Beats pro Minute entsprechen nahezu perfekt den Vorgaben von Gesundheitsorganisationen.

Sing’ um Dein Leben!

Das schönste Instrument tragen wir im eigenen Körper: unsere Stimme. Ob ausgebildet oder nicht, Singen ist immer gesund! Das entdeckten Wissenschaftler der Universität in Frankfurt am Main in einer Studie mit dem Deutschen Sängerbund. Demnach stärkt Singen das Immunsystem, das Stresshormon Kortisol wird abgebaut, und gleichzeitig bildet der Körper vermehrt Antikörper (Immunglobulin A). Auch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie empfiehlt nicht ohne Grund regelmäßigen Gesang: Eine Untersuchung des Royal Brompton Hospital in London zeigt, dass Gesangsunterricht bei lungenkranken Patienten Ängste abbaut, die Lebensqualität verbessert und das Luftholen erleichtert.