Osteopathie Sanfte Behandlung mit Fingerspitzengefühl

Die Osteopathie ist eine sanfte Behandlungsmethode, deren Verbreitung und Bedeutung im deutschen Gesundheitswesen über die letzten Jahre stetig zugenommen hat. Ein Osteopath betrachtet den menschlichen Körper als untrennbare Einheit. Für ihn sind alle Körperstrukturen direkt oder indirekt miteinander verbunden. Muskelketten oder Faszien (Bindegewebe) können diese Verbindungen herstellen. Da sich die verschiedenen Körperebenen oft gegenseitig beeinflussen, liegt die Ursache mancher Beschwerden nicht am Ort des Symptoms, sondern in einer ganz anderen Region des Körpers. So wird bei einer osteopathischen Behandlung stets der ganze Körper in die Untersuchung mit einbezogen. Aus Sicht der Osteopathie ist die Beweglichkeit im Gewebe ausschlaggebend für die Aufrechterhaltung der Gesundheit. So können Bewegungseinschränkungen und Blockierungen auf längere Sicht sowohl Schmerzen als auch Funktionsstörungen auslösen. Dabei spielen nicht nur Blockaden in Gelenken eine Rolle. Auch deutliche Verkrampfungen oder Verhärtungen im Verlauf von Muskelketten oder Verwachsungen im Bindegewebe können die Eigenbewegungen des Körpers stark einschränken und somit als Blockierung wirken. Das Ziel jeder osteopathischen Behandlung ist es, diese Blockaden zu finden und auf sanfte Weise zu lösen. Dabei kommen ausschließlich die Hände zum Einsatz. Der Osteopath tastet mit geschulten Händen, folgt den Spannungen im Gewebe und behandelt mit sanften Handgriffen. Wenn sich Spannungen und Blockierungen lösen, kann der Körper in sein ursprüngliches Bewegungsmuster zurückfinden. Dieser Behandlungsansatz hat sich schon seit über 140 Jahren bewährt.

Die Entstehung der Osteopathie

Der amerikanische Mediziner Andrew Taylor Still (1828-1917) hat die Osteopathie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Ein schwerer Schicksalsschlag war Wendepunkt in seinem Leben. Bei einer Epidemie starben drei seiner Kinder an der Hirnhautentzündung. Selbst als Arzt war es ihm nicht möglich, seine Kinder zu retten. Das Antibiotikum war damals noch nicht entdeckt und die Maßnahmen, die zur Behandlung eingesetzt wurden, schwächten den Körper eher, als dass sie Heilung herbeigeführt hätten. Sein Vertrauen in die Medizin wurde dadurch stark erschüttert. Aus dieser Trauer und Depression heraus entschloss er sich, nach einer neuen Art der Medizin zu suchen. Eine Medizin, die nicht versucht den Körper von außen zu heilen, sondern eine, die den Körper darin unterstützt, sich selbst zu heilen. Es sollten keine Medikamente oder sonstigen Hilfsmittel zum Einsatz kommen. Nach zehn Jahren intensiver Forschung und anatomischen Studien stellte Andrew Taylor Still die Osteopathie als neue Form der Medizin im Jahr 1874 erstmals vor.

Nach seinem Verständnis ist eine gute Beweglichkeit und Dynamik in allen Körperbereichen Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Gesundheit. Nur so können sich die Selbstheilungskräfte des Körpers voll entfalten. Hierzu ist die Ver- und Entsorgung des Gewebes durch Blut und Lymphflüssigkeit bei intakter Nervenversorgung ausschlaggebend.

Da Blockierungen die Beweglichkeit des Körpers einschränken und somit auch die Selbstheilungskräfte des Körpers, waren diese für Andrew Taylor Still ursächlich für eine Vielzahl von Krankheiten. In den Anfangsjahren wurden hauptsächlich Blockaden der Gelenke (Knochen behandelt. So ist auch der Name Osteopathie (von lat. os „Knochen“ und griech. pathós „Leiden“) entstanden und hat sich bis heute erhalten.

Andrew Taylor Still hatte mit seinem Behandlungsansatz großen Erfolg und fand regen Zuspruch. Aus zahlreichen Bundesstaaten reisten Ärzte an, um sich von ihm unterrichten zu lassen. Im Jahr 1892 gründete er schließlich das erste College für osteopathische Medizin in Kirksville, Missouri, USA.

Im Laufe der Jahre wurde die Osteopathie in immer mehr Bundesstaaten der USA rechtlich anerkannt und stetig weiterentwickelt. Es kamen Behandlungstechniken für Muskulatur, Bindegewebe und Organstrukturen hinzu Der Osteopath William Garner Sutherland beschäftigte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts intensiv mit der Anatomie des Schädels und entwickelte Behandlungsansätze für Bewegungen im Bereich der Schädelnähte. In Deutschland wurden in den 1990er Jahren die ersten berufsbegleitenden Ausbildungen zum Osteopathen in deutscher Sprache angeboten. Seit 2011 gibt es in Deutschland den ersten grundständigen Studiengang zum Bachelor/Master in Osteopathie an der Hochschule Fresenius in Idstein und München. Hier können junge Menschen nach dem Abitur die Osteopathie erlernen.

Leben ist Bewegung

In unserem Körper finden ständig Bewegungen statt. Es bewegen nicht nur die Gelenke und Muskeln beim Gehen oder unser Herz bei jedem Herzschlag. Auch die Austauschvorgänge an jeder Zelle sind kleine, jedoch wichtige Bewegungen, die das Funktionieren unseres Körpers ermöglichen. Bei etwa 20.000 Atembewegungen pro Tag vollbringt das Zwerchfell eine große Leistung, zudem die Atmung meist unbewusst und selbstständig stattfindet. Das Zwerchfell, unser wichtigster Atemmuskel, senkt sich bei jeder Einatmung nach unten, wodurch sich der Druck im Bauchraum erhöht und die Bauchorgane bestimmte Bewegungen durchführen. In der Osteopathie werden diese Bewegungen wahrgenommen und beurteilt. So bewegen sich die Nieren bei jeder Einatmung etwa 3 cm nach unten und bei der Ausatmung wieder 3 cm nach oben. Auf 20.000 Atembewegungen hochgerechnet ergibt sich daraus eine Strecke von 600 m, die von der Niere pro Tag zurückgelegt wird. Aus Sicht der Osteopathie können Einschränkungen dieser Bewegung, über Monate oder Jah- re hinweg zu Funktionsstörungen oder Symptomen führen. Blockaden im Bereich der Niere werden bei einer osteopathischen Behandlung durch Lockerung des Gewebes mobilisiert, um die Versorgung und Beweglichkeit der Organstruktur wiederherzustellen.

Die Behandlung

Eine osteopathische Behandlung wird meist mit einem Gespräch eingeleitet. Die aktuellen Symptome und Vorerkrankungen spielen ebenso eine Rolle wie vorausgegangene Stürze, Unfälle oder Operationen. Vor allem Schleudertraumen können Spannungsmuster im Körper hinterlassen, die noch nach Jahren Probleme machen. Im Anschluss an das Gespräch folgt die ausführliche Untersuchung des Körpers. Meist wird die Oberbekleidung abgelegt wodurch der Osteopath ein besseres Tastgefühl erhält. Der Patient wird im Stehen, Sitzen und Liegen untersucht, um den Einfluss der verschiedenen Körperebenen zueinander zu beurteilen. Der Osteopath folgt mit geschulten Händen den Spannungen im Körper bis zu deren Ursprung und behandelt dann mit sanften Handgriffen. Die Behandlung wird in der Regel als angenehm empfunden, wodurch bereits Kinder und Säuglinge behandelt werden können. Dieses Vorgehen erfordert Zeit. So kann eine osteopathische Behandlung zwischen 45 und 60 Minuten in Anspruch nehmen.

„Find it, fix it and leave it“

Ein wichtiges Prinzip von Andrew Taylor Still lautet die Störung zu finden, sie zu behandeln und dem Körper Zeit zu geben auf die Behandlung zu reagieren. Deshalb wird nicht jede Woche behandelt. Ein Behandlungsabstand von 2 bis 6 Wochen ist durchaus üblich und wird individuell dem Behandlungsverlauf angepasst. Nur so kann die Selbstregulierung des Körpers eine Stabilität aufbauen. Mit der Osteopathie soll die Selbstheilung und Regulation des Körpers gefördert werden, wodurch die Anwendungsmöglichkeiten sehr vielfältig sind. So kann sie in allen medizinischen Bereichen Anwendung finden, wo funktionelle Störungen die Ursache für die Beschwerden sind. Die Grenzen der Osteopathie liegen dort, wo die Selbstheilungskräfte des Körpers nicht mehr ausreichen, eine Gesundung herbeizuführen. In jedem Fall ist eine interdisziplinäre Behandlung des Patienten erstrebenswert, um die Versorgung und den Verlauf zu optimieren.

Berufsbild

In Deutschland ist weder der Beruf des Osteopathen noch die Ausbildung staatlich geregelt. Ausnahme bildet das Bundesland Hessen. Dort ist die Bezeichnung „Osteopath“ über eine Weiterbildungs- und Prüfungsordnung staatlich geschützt. Wer sich in osteopathische Behandlung begeben möchte, sollte auf die Ausbildung des Osteopathen achten. Hilfe bei der Suche nach einem Osteopathen bieten viele gesetzliche Krankenkassen an. Gesetzliche Krankenkassen erstatten teilweise osteopathische Leistungen und nennen auf Anfrage anerkannte Praxen. Der Verband der Osteopathen Deutschland e.V. (VOD) als größter Verband in Deutschland oder andere Verbände geben ebenfalls Auskunft über Osteopathen im gesamten Bundesgebiet. Osteopathen, die in einem Verband Mitglied sind, sind zur ständigen Fortund Weiterbildung verpflichtet.

Faszination Knospenmedizin: Gemmotherapie

Die aus Frankreich stammende Gemmotherapie verwendet ausschließlich frische Knospen und Triebspitzen von vorwiegend Bäumen und Sträuchern in sogenannten Mazeraten (Kaltauszug) als therapeutische Mittel zur gezielten Unterstützung verschiedener Körperfunktionen. In der Schweiz wird diese Therapieform seit ca. 30 Jahren erfolgreich auch als Begleitbehandlung zu schulmedizinischen Verfahren erfolgreich angewendet. Die ENB-Redaktion unterhielt sich mit dem bekanntesten KnospenmedizinExperten der Schweiz, Jo Marty, über die faszinierende Welt der Gemmotherapie.

ENB: Herr Jo Marty, man kennt Sie als Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Biochemie nach Dr. Schüßler, als Autor und Referent über die Mineralstoffe und Phytotherapie. Sie bildeten bereits mehrere Tausend Heilpraktiker, Apotheker, Drogisten, Ärzte, Therapeuten, Hebammen und Tierärzte zum Thema Schüßlersalze aus. Dazu kommen Ihre Vorträge für interessierte Laien, die Sie über die Mineralstoffe nach Schüßler und über die Pflanzenheilkunde in den deutschsprachigen Ländern halten. Und doch scheint Ihnen die Gemmotherapie ein besonderes Anliegen zu sein. Sie gelten in der Schweiz als der namhafteste GemmoReferent. Was ist denn das Besondere an der Gemmotherapie?

Jo Marty: Diese Behandlung mit Knospen von Bäumen und Sträuchern eignet sich hervorragend zur Anregung der Ausscheidungsorgane und somit dient sie gezielt der Entgiftung, den körpereigenen Fähigkeiten zur Gesundung. Die Knospen enthalten das Lebendigste, das Dynamischste und Kräftigste von allen Pflanzenteilen. ENB: Seit wann gibt es diese Therapieform, woher kommt sie? Jo Marty: Die Beeinflussung von Organsystemen mittels teilungsaktivem Knospenmaterial wurde vom belgischen Arzt Pol Henry vor 60 Jahren entdeckt. Heute gibt es vor allem in Frankreich Forschungsinstitute zur Gemmotherapie.

ENB: Gehört die Gemmotherapie zur Homöopathie oder zur Phytotherapie? Oder ist es eine eigene Therapieform?

Jo Marty: Das ist tatsächlich nicht genau geklärt. Für mich ist es eine Besonderheit der Phytotherapie mit ganz besonderen, speziellen Wirkmechanismen und frappanten Erfolgen.

ENB: Haben Sie ein Beispiel?

Jo Marty: Es gibt zahllose; Tierärzte benutzen sehr oft Gemmopräparate und machen dieselbe Erfahrung wie Humantherapeuten. Zum Beispiel bei Unruhe, Ängsten, Magenbeschwerden mit der Knospe des Feigenbaums oder mit der Esche-Knospe bei rheumatischen Störungen, bei Cholesterinproblemen und Ödemen. Oder Schlafprobleme mit den Knospenauszügen aus der Sommerlinde behandeln ist einfach unvergleichbar mit dem, was die Naturapotheke sonst zu bieten hat.

ENB: Ihr Spezialgebiet ist die Biochemie nach Dr. Schüßler. Gibt es einen Zusammenhang mit der Gemmotherapie? Jo Marty: Wenn man sich in beiden Therapieformen auskennt, stellt man fest, beide stimulieren gezielt gewisse Zellaggregate, beide haben regulierende Effekte auf das enzymatische, das osmotische und endokrine System. Die Schüßlersalze eher anabol und vor allem metabol, die Gemmomittel vorwiegend und effektiv katabol.

ENB: Was fasziniert Sie an der Gemmotherapie?

Jo Marty: Vor allem der verblüffend rasche Wirkmechanismus. Die Geschwindigkeit der chemischen Kaskaden, die durch die Gemmopräparate ausgelöst werden. Die Gemmotherapie wird von Tierärzten weit häufiger eingesetzt als in der Humanmedizin. Dort wie auch in der häufigen Anwendung als Begleitmittel in der Homöopathie (zur Verhinderung von sog. Erstverschlimmerungen) – schätzt man die Gemmotherapie ebenfalls wegen ihrer zuverlässigen raschen Wirkungsweise.

ENB: Mittlerweile ist die Wissenschaft mit den Erkenntnissen über Enzyme, Hormone und Fenole in den Knospen und ihre Wirkkaskaden auf die menschliche Zelle viel weiter als um 1970 rum.. Gibt es weitere Beispiele dazu?

Jo Marty: Oh ja, z. B. der NADH-CoenzymGehalt in den Knospen der Preiselbeere. NADH ist die zellbiologische Form von Wasserstoff und reagiert mit Sauerstoff in der Zelle und vermittelt dieser unter komplexen Vorgehen Energie. Wenn NADH vorhanden ist, hat die Zelle Kraft.

In Nahrungsmitteln kommt NADH auch vor, da aber der Magensaft das meiste davon wieder abbaut, ist die Aufnahme zu gering. Im Preiselbeerknospenmazerat kommt NADH in reiner Form vor und wird über die Mundschleimhaut aufgenommen.

NADH hat bekanntermaßen sehr vielfältige biologische Funktionen z. B. für tausende von Stoffwechselfunktionen, gilt als Reparateur der DNA und ist ein herausragender Schutz vor Umwelt-Noxen. Ebenfalls ist die Cholesterin-Senkung und die Wirkung gegen zu hohen Blutdruck gut erforscht. In den Knospen der Preiselbeere ist NADH in perfekter Synergie mit den B-Vitaminen, Vitamin C und Mineralstoffen und einer Reihe Enzymen vorliegend. So wird die Preiselbeerknospe hauptsächlich bei Darmbeschwerden, Stoffwechselproblemen und auch bei typischen Wechseljahressymptomen sehr erfolgreich eingesetzt.