Tabuthema Prostata

Fast jeder kennt die Beschwerden ab einem gewissen Alter, aber kaum einer spricht darüber: Der Harnstrahl wird schwächer, es dauert bis die Harnentleerung beginnt und am Ende tröpfelt es nach. Der Nachtschlaf wird durch immer wieder ständiges „auf die Toilette müssen“ unterbrochen, und auf die gemeinsame Zeit im Bett mit der Ehefrau hat Mann auch schon keine Lust mehr, irgendwie klappt das nicht mehr so wie früher. Jeder Hausarzt kennt diese Probleme zuhauf, doch den Betroffenen müssen häufig die Symptome aus der Nase gezogen werden. Grund dafür ist oftmals, dass diese am Bild der Männlichkeit kratzen und daher ungern thematisiert werden. Doch was ist die Ursache der oben genannten Beschwerden? Die Prostata, die sogenannte Vorsteherdrüse, sitzt direkt hinter der Harnblase und umfasst den ersten Abschnitt der Harnröhre. Die Funktion der gesunden Prostata ist die Bildung eines Teils des Spermas, welches in die Harnröhre abgegeben wird. Die Prostata ist normalerweise so groß wie eine Kastanie und wiegt ca. 20–25 Gramm. Das ändert sich aber im Laufe des Lebens. Erreicht der Mann das 60. Lebensjahr, hat er eine 50%ige Wahrscheinlichkeit, eine sogenannte benigne Prostatahyperplasie, also eine gutartige Vergrößerung der Prostata, zu haben. Mit 80 Jahren beträgt die Wahrscheinlichkeit schon 80%. In Gramm ausgedrückt wird die Prostata bis zu 150 Gramm schwer, also ca. sechsmal so groß wie ursprünglich. Das bedeutet im Umkehrschluss allerdings nicht, dass jeder Mann mit einer großen Prostata auch zwingend Beschwerden haben muss. Durch die Vergrößerung wird die durch die Prostata verlaufende Harnröhre eingeengt. Trotz der hohen Anzahl an Betroffenen wird das Thema leider totgeschwiegen bis es nicht mehr anders geht.

Die Ursache für die Vergrößerung ist noch nicht abschließend geklärt. Es gilt jedoch als sehr wahrscheinlich, dass dies mit einer Veränderung unserer Hormone, insbesondere des Testosterons, einhergeht. Der Testosteron-Spiegel nimmt nämlich im Laufe des Lebens ab, wobei im Gegensatz dazu das Dihydrotestosteron (DHT) und das Östradiol gleichbleiben. Das DHT ist die biologisch aktive Form des Testosterons und unter anderem für die männliche Körperbehaarung, den Bartwuchs aber auch für die Abnahme der Kopfbehaarung verantwortlich.

Durch dieses Ungleichgewicht nimmt vor allem die wachstumsfördernde Wirkung von DHT auf unsere Prostata zu. Aus diesem Grund konzentriert sich die Therapie der Pharmakologie darauf, die Produktion von DHT zu reduzieren.

Beschwerden entstehen, wie oben beschrieben, durch eine wachsende Prostata, wenn die Harnröhre relevant eingeengt wird. Dadurch kommt es dann zu einem abgeschwächten Harnstrahl. Die Blase, welche eine dicke Muskelschicht besitzt, passt sich auf den erhöhten Druck an und verdickt sich, wodurch eine sogenannte Balkenblase entstehen kann. Hierdurch kann die Problematik eine Zeit lang kompensiert werden. Wächst die Prostata allerdings weiter, nimmt der Harnfluss wieder ab und die Harnblase kann sich nicht mehr vollständig entleeren. Dadurch bleibt immer eine gewisse Menge Urin in der Harnblase, wodurch auch schnell wieder das Gefühl entsteht, auf die Toilette zu müssen. Gleichzeitig birgt der in der Harnblase verbleibende Urin auch die Gefahr, dass Bakterien in der Harnblase bleiben und nicht wie sonst mit dem nächsten Gang auf die Toilette mit fortgespült werden. Es kommt dann im weiteren Verlauf nicht selten zu immer wiederkehrenden Harnwegsinfektionen.

Wird die Prostata bis dahin noch nicht therapiert, kann es auch zum kompletten Harnverhalt kommen. Das heißt, der Urin kann überhaupt nicht mehr ausgeschieden werden. Hier muss zügig Abhilfe mittels eines Katheters als einem Schlauch, der über die Harnröhre in die Blase gelegt wird, geschaffen werden. Im schlimmsten Fall kann sogar das Platzen der Harnblase drohen oder ein Rückstau des Urins in die Niere.

Diagnostische Möglichkeiten

Haben Sie jetzt bei sich bemerkt, dass der Harnstrahl schwächer wird, sollten sie ihren Arzt darauf ansprechen. Dieser kann über eine rektale Austastung, das heißt mit dem Finger über den After, eine erste Aussage über die Prostata treffen. Er merkt, dass die Prostata verändert und ob sie z.B. auch verhärtet ist.

Als weiteren Schritt kann dann mittels Ultraschall eine Darstellung der Harnblase und der Prostata erfolgen. Damit kann man die Prostata schon direkt ausmessen und diagnostizieren, welche Größe sie hat. Man würde auch an der Blase Veränderung der Muskelwand, Stichwort Balkenblase, erkennen können. Zudem ist wichtig zu wissen, ob nach dem Gang auf die Toilette, Urin in der Blase zurückbleibt. Hierfür kann man einen zweiten Ultraschall nach der Urinabgabe durchführen und die eventuell zurückbleibende Harnmenge bestimmen.

Lässt man diese Untersuchung beim Urologen machen, kann dieser über einen rektalen Ultraschall die Prostata übrigens noch differenzierter beurteilen. Zusätzlich kann hier über eine sogenannte Uroflowmetrie der Harndurchfluss direkt bestimmt und eine Aussage über eine Blasenentleerungsstörung getroffen werden. Da es neben der gutartigen Vergrößerung auch bösartige Prozesse in der Prostata geben kann, sollte gleichzeitig auch immer der sogenannte PSA (prostataspezifisches Antigen)-Wert im Blut bestimmt werden. Ist dieser im Normalbereich, ist ein Krebsgeschehen in der Prostata unwahrscheinlich. Sport oder auch Geschlechtsverkehr sollten allerdings vor der Untersuchung vermieden werden, da diese zu falsch erhöhten PSA-Werten führen können.

Sollte sich der Wert als erhöht darstellen, kann mittels MRT (Magnetresonanztomographie) eine weitere bildgebende Darstellung erfolgen. Falls sich der Verdacht auf ein bösartiges Geschehen weiter verhärtet, kann über eine Punktion der Prostata eine Probe gewonnen werden, die im Labor dann auf etwaige bösartige Zellen untersucht werden kann.

Was (nicht) tun, wenn die Prostata jetzt vergrößert ist?

Sind die Beschwerden und organischen Veränderungen noch nicht stark ausgeprägt, kann über Verhaltensregeln schon eine Verbesserung erreicht werden. Es sollte z.B. auf alkoholhaltige Getränke, insbesondere abends vor dem Schlafen gehen, verzichtet werden, da diese harntreibend wirken und somit den Nachtschlaf mit Toilettengängen unterbrechen. Auch koffeinhaltige, kalte und kohlensäurehaltige Getränke sollten aus diesem Grund vermieden werden. Eine kalte Sitzunterlage und eine nasse Badehose können ebenfalls die Prostatabeschwerden hervorrufen, da Kälte zu einem Verkrampfen der Prostatamuskeln führen kann.

Viele Patienten erzählen mir auch, dass sie weniger trinken, um nicht ständig auf die Toilette zu müssen. Dies ist allerdings ein ungeschickter Mechanismus, um die Probleme zu kontrollieren, da es nicht selten zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion kommt, und der Körper einfach eine gewisse Menge an Flüssigkeit täglich benötigt, um Giftstoffe auszuscheiden. Auf das Rauchen sollte ebenfalls verzichtet werden, da die Giftstoffe, die so aufgenommen werden, insgesamt eine Entartung der Prostata fördern können.

Gesunde Ernährung und Lebensstil

Kommen wir nun zu den Maßnahmen, die für eine gesunde Prostata förderlich sind. Für die Prostatagesundheit ist es wichtig, sich ausreichend zu bewegen und Übergewicht abzubauen. Hier gibt es gute Hinweise, dass diese beiden Faktoren die Wahrscheinlichkeit für Prostatakrebs reduzieren. Insbesondere das Fettgewebe ist in der Lage, z.B. Testosteron in Östrogen umzuwandeln, und somit das für die Prostatahyperplasie verantwortliche Hormonproblem bzw. -ungleichgewicht noch weiter zu verstärken. Wie Sie sehen, treffen wir auch hier wieder auf alte Bekannte, was die Gesundheitsförderung angeht. Getreu Hippokrates „Deine Nahrung sei dein Heilmittel“ ist auch die Ernährung eine wichtige Grundlage für die Gesundheit der Prostata. So zeigt sich in asiatischen Ländern eine deutlich niedrigere Rate an Prostataerkrankungen verglichen mit westlichen Ländern.

Nun könnte man sagen, dass die asiatischen Männer einfach eine andere genetische Voraussetzung hätten als wir. Man sieht in diesem Fall allerdings, dass die Genetik nicht die entsprechende Rolle spielt. Ernähren sich die Asiaten westlich, gleicht sich die Erkrankungsrate auch dem Westen an. Insgesamt zeigt sich, dass eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sowie vielen Phytoöstrogenen und sekundären Pflanzenstoffen sehr förderlich ist. Das heißt im Klartext viel Obst und Gemüse, Fisch, Leinsamen, Sojaprodukte, Nüsse und gute Pflanzenöle. Auch in Hülsenfrüchten, wie z.B. Bohnen, Erbsen und Linsen, finden sich die hilfreichen Phytoöstrogene.

Im Umkehrschluss sind Produkte aus Weißmehl, raffinierte Produkte mit gesättigten Fettsäuren und eine fleisch-, wurst- sowie kohlenhydratlastige Ernährung kontraproduktiv. Wenn wir ins Detail gehen, zeigen sich verschiedene pflanzliche Inhaltsstoffe als besonders hilfreich. Ein wichtiger Naturstoff, der sich auf die Teilung der Prostatazellen auswirkt, ist Luteolin. Er gehört zur Gruppe der Flavonoide und ist ein gelber Pflanzenfarbstoff. Es findet sich vor allem z.B. in Petersilie, Sellerie, Pfeffer und Thymian. Er wirkt sich positiv auf die sogenannte Apoptose aus, also die Selbstzerstörung krankhafter Zellen im Organismus und soll somit der Entartung der Prostata entgegenwirken.

Der in den Leinsamen wirksame Inhaltsstoff nennt sich Lignane und greift in die Östrogenwirkung des Körpers ein. Er soll die Östrogen-Rezeptoren, also die Andockstellen des Östrogens an der Prostata, blockieren ohne eine Wirkung zu entfalten. Da der relative Östrogenüberschuss u.a. dafür verantwortlich ist, dass die Prostata wächst, stellt dies also einen sinnvollen Weg da, das Wachstum zu blockieren. Ein weiterer hilfreicher Stoff liefert uns die Tomate, vielmehr die gekochte Tomate. Diese beinhaltet Lycopin, und dies ist besonders im Tomatenmark hochkonzentriert enthalten. Lycopin hemmt unter anderem die Zellteilung und entfaltet ebenfalls eine antientzündliche Wirkung. Als weitere Quellen für Lycopin können Hagebutten und Wassermelonen dienen. Zusätzlich unterstützt werden kann das Ganze durch Bienenpollen.

Hier gibt es gute Hinweise, dass durch die Pollen eine antientzündliche Wirkkraft erreicht wird. Ebenso soll es sich auf eine vergrößerte Prostata positiv auswirken. Phytopharmaka Wer zusätzlich die Prostata unterstützen will, kann ein Präparat mit Kürbissamen, Sägepalmenfrucht und Brennnesselwurzel nehmen. Die natürlichen Inhaltstoffe sollen sich positiv auf das hormonelle Ungleichgewicht auswirken und die Umwandlung von Testosteron in DHT hemmen und wirken somit dem Hormonungleichgewicht entgegen. Zusätzlich wird eine Reduktion der Entzündungsneigung der Prostata beschrieben Des Weiteren kann auch das durch die Naturheilkundlerin Maria Treben bekannt gewordene kleinblütige Weidenröschen (Epilobium parviflorum) als Tee verwendet werden. Morgens und abends jeweils eine Tasse davon soll bei Prostatavergrößerung und – entzündung die Beschwerden lindern und das hormonelle Ungleichgewicht ausgleichen. Eine antibakterielle Wirkung ließ sich nachweisen, dies ist insbesondere bei Harnwegsinfekten aufgrund einer vergrößerten Prostata interessant.

Homöopathie

Wenn der Harnfluss stark vermindert ist und man deshalb sehr häufig, auch insbesondere nachts, auf die Toilette muss, ist Sabal serrulatum, die Sägepalme, als homöopathisches Mittel hilfreich. Es gilt als der homöopathische Katheter und wird in der Potenz D12 täglich 3 x 5 Globuli eingenommen. Dies ersetzt natürlich nicht die zuvor erfolgte ärztliche Untersuchung der Beschwerden. Es gibt Situationen, in denen der Harnabfluss so gering ist, dass ein Aufstau in die Niere oder eine deutliche Vergrößerung der Harnblase daraus resultieren. Solche Zustände sollten zuvor immer abgeklärt werden.

Dr. Thomas Bacharach Arzt, tätig in allgemeinmedizinischer Praxis, Reisemedizinische Gesundheitsberatung, Referent u.a. für Nahrungsmittelallergien, Vitamine und Mineralstoffe.