Als Ergebnis dieses Kongresses wurde 2018 im Ostseebad Heringsdorf auf der Insel Usedom der erste europäische Kur- und Heilwald, nach dem Vorbild der japanischen Waldtherapiezentren und des Shinrin-Yoku, eingerichtet. Trotz einiger weiterer Projekte u.a. im Allgäu, im Harz und im Schwarzwald fehlt in Deutschland noch immer die Anerkennung des Waldbadens als Teil der öffentlichen Gesundheitsvorsorge. Bislang bleibt es bei Appellen von einigen Medizinern und Politikern, das „Waldbaden auf Krankenschein“ zu ermöglichen, so Staatssekretär Cajus Caesar vom Ministerium für Land- und Forstwirtschaft. Prof. Qing Li hat in zahlreichen Studien herausgefunden, dass es für unsere Gesundheit essenziell ist, Zeit in der Natur zu verbringen. Die von ihm entwickelte Methode Shinrin-Yoku hilft, sich die Heilkraft des Waldes zunutze zu machen. Bereits ein mehrstündiger Aufenthalt im Wald trägt dazu bei, dass das Immunsystem gestärkt, der Blutdruck reguliert, Atemprobleme gelindert und die Stresshormone Cortison und Adrenalin reduziert werden. Außerdem verbessern sich die Stimmung und die Schlafqualität, auch die Konzentrationsfähigkeit wird gesteigert.
Blutuntersuchungen haben ergeben, dass sich schon nach einem eintägigen Aufenthalt im Wald die Anzahl der Killerzellen im Blut um etwa 40 Prozent erhöht. Diese helfen bei der Bekämpfung von gefährlichen Viren und Bakterien im Körper und können sogar potenzielle Krebszellen zerstören. Verantwortlich für diese positiven gesundheitlichen Effekte des Waldbadens sind die sogenannten Terpene, die ätherischen Öle und Duftstoffe der Bäume, die wir über unsere Atmung und die Haut aufnehmen. „In Zeiten größter beruflicher Anstrengungen und ökologischer Belastungen wird es für unsere Gesellschaft immer wichtiger, sich mit der Natur zu verbinden, denn die „Kunst des Waldbadens ist die Kunst, sich mit allen Sinnen mit der Natur zu verbinden“ (Zitat: Prof. Qing Li). Shinrin-Yoku ist seit dem Jahr 2000 offizieller Teil der japanischen Gesundheitsfürsorge. Waldbaden in den mehr als 10 offiziellen und ärztlich betreuten „Waldtherapiezentren“ wird von den japanischen Krankenkassen bezahlt. Laut einem Bericht der Zeitschrift „Japan Times“ aus dem Jahr 2017 ist die Zahl der Todesfälle und die Selbstmordrate unter japanischen Arbeitnehmern dank der Waldtherapie deutlich rückläufig.
Waldbaden – Harmonie für die Seele
Das Waldbaden trägt nicht nur dazu bei, körperliche Krankheiten zu heilen oder zumindest zu lindern, sondern hilft auch bei seelischen Erkrankungen. So führt ein Bad im Wald zu einer tiefen Entspannung und vermag auch Stress und Ängste abzubauen. Waldbaden trägt dazu bei, Körper, Geist und Seele wieder in Balance zu bringen. Durch Atemübungen und Meditation können wir Stress und psychische Anspannungen loslassen, unsere Schlafqualität verbessern und unsere Achtsamkeit erhöhen. Psychosomatische Kliniken nutzen inzwischen zunehmend bei der Behandlung von Stresserkrankungen und Angststörungen die positiven, therapeutischen Effekte des Waldbadens.
Der österreichische Biologe und Naturforscher Clemens Arvay beschreibt in seinem Buch „Der Biophilia Effekt – Heilung aus dem Wald“ die therapeutische Wirkung des Waldbadens als „Auszeit aus der Gesellschaft“ und bezeichnet den Wald als Ort des Rückzugs und der Selbstreflexion; er nennt es den „Beeing away Effekt“ des Waldbadens, was so viel heißt wie „Weg Sein“ oder „Woanders Sein“. Der Mensch kann beim Waldbaden der Zivilisation für eine gewisse Zeit entrinnen. Das Bad im Wald bewirkt auch eine „Auszeit vom beruflichen Stress, vom Leistungsdruck, von den Erwartungen anderer, von der digitalen Welt und dem ständigen Erreichbar-Sein. Beeing away bedeutet, dass wir uns in einem Umfeld bewegen, indem wir sein dürfen, wie wir sind, in der uns nicht vorgegeben wird, was ein guter Mensch, was ein angepasster Mensch, ein fleißiger Mensch, ein produktiver Mensch ist. Beeing away bedeutet die Freiheit, nicht kontrolliert und nicht beurteilt zu werden“. Wie schmeckt Harz? Wie fühlt sich die Rinde eines Baumes an? Wie riecht der Wald? – Beim Waldbaden werden alle Sinne angesprochen. Barfuß im Moos gehen – die frische Waldluft einatmen – dem Gesang der Vögel lauschen – die Kraft der Bäume spüren; beim Waldbaden taucht man tief in die Atmosphäre des Waldes ein. Beim Schlendern über den weichen Waldboden nimmt man die gesundheitsfördernden Duftstoffe der Bäume und Pflanzen auf. Einfache Atem- und Entspannungsübungen verstärken diese Wirkung. Waldbaden entschleunigt und entspannt!
Wo kann man Waldbaden?
Wenn wir nach einem guten Ort für das Waldbaden Ausschau halten, wählen wir instinktiv einen Ort, an dem wir uns wohlfühlen, der unser Herz mit Freude erfüllt. Manchmal ist es eine sonnige Lichtung im Wald oder ein Bach mit dem leisen Plätschern des Wassers, manchmal ist es ein Platz mit einer schönen Aussicht auf Berge und Täler. Prof. Qing Li sagt: Waldbaden kann man überall, wo Bäume sind d.h. im Wald, in Parks und sogar im eigenen Garten. Waldbaden kann man zu allen Jahreszeiten, im Frühling, im Sommer, im Herbst und sogar im Winter, wenn Schnee liegt; dann ist die Luft besonders rein und arm an Schadstoffen. Wichtig ist, dass der Ort des Waldbadens möglichst alle 5 Sinne anspricht: das Riechen, das Fühlen, das Sehen, das Hören, das Schmecken. Bei der Wahl des richtigen Ortes für das Waldbaden nennt Qing Li 5 Kriterien:
- Der Weg sollte nicht länger als 2 – 3 Kilometer sein und keine zu großen Steigungen aufweisen.
- Der Weg sollte fern ab vom Verkehrslärm sein.
- Der Weg sollte nicht asphaltiert sein und die Möglichkeit bieten, barfuß zu gehen.
- Der Weg sollte Licht und Schatten bieten und nicht zu dunkel sein.
- Der Weg sollte möglichst viele grüne und abwechslungsreiche Pflanzen und Bäume wie z.B. Tannen, Fichten, Kiefern, Buchen und Eichen aufweisen.
Beim Waldbaden brauchen wir keine Vorkenntnisse sondern nur die Bereitschaft, sich auf die Natur einzulassen. Wir benötigen ausschließlich unsere 5 Sinne, um uns mit der Natur zu verbinden. Wir sehen die Sonnenstrahlen, wie sie durch das Blätterdach der Bäume fallen, wir hören den Gesang der Vögel, wir riechen die frische Luft, indem wir tief einatmen. Wir berühren mit unseren Händen den Stamm eines Baumes und fühlen seine Rinde. Wir lassen das Wasser eines Baches durch unsere Hände laufen und trinken das Wasser aus einer Quelle oder einem Brunnen. Mit Hilfe unserer 5 Sinne sind wir mit der Natur in Verbindung getreten, wir haben uns mit ihr geerdet, und wir finden Ruhe und Entspannung. Geist und Körper kommen wieder in Balance.
Wer mehr über das Waldbaden erfahren möchte oder an einem geführten Waldspaziergang teilnehmen möchte, kann sich an das „Institut für Waldatmen und Naturerfahrung“ in Simmersfeld im Nordschwarzwald wenden. Hier bekommt man ausführliche Informationen über die nächsten Termine des Waldbadens aber auch über unsere 3-tägigen Ausbildungsseminare für Kursleiter Waldbaden / Shinrin – Yoku – Guide.
Infos unter: www.waldbaden-schwarzwald.com Matthias Steuber M.A., Institut für Waldatmen und Naturerfahrung.
Matthias Steuber M.A. 1946 geboren in Celle / Niedersachsen 1968 Studium der evangelischen Theologie und der Pädagogik in Mainz – Frankfurt am Main – Hamburg 1975 Examen als Magister der Erziehungswissenschaften (M.A.) an der Uni Hamburg 2012 Umzug nach Simmersfeld im Nordschwarzwald 2018 Gründung des „Instituts für Waldatmen und Naturerfahrung“ Ausbildung für „Kursleiter Waldbaden / Shinrin – Yoku“
- 1946 geboren in Celle / Niedersachsen
- 1968 Studium der evangelischen Theologie und der Pädagogik in Mainz – Frankfurt am Main – Hamburg
- 1975 Examen als Magister der Erziehungswissenschaften (M.A.) an der Uni Hamburg
- 2012 Umzug nach Simmersfeld im Nordschwarzwald
- 2018 Gründung des „Instituts für Waldatmen und Naturerfahrung“ Ausbildung für „Kursleiter Waldbaden / Shinrin – Yoku“